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Öko-Comics

29. August 2013

ComicKultur 09/13

Das klingt etwas zynisch – „Ein Frühling in Tschernobyl“. Tatsächlich ist das neue Werk von Emmanuel Lepage natürlich alles andere als zynisch: Lepage macht sich mit Kollegen auf, um rund 25 Jahre nach der Katastrophe die Zustände im verstrahlten Sperrgebiet zu dokumentieren, erkundet die zugewachsenen Städte, die deformierte Natur und trifft Menschen in der Umgebung. Lepage spielt in seinen aufwändigen Zeichnungen kunstvoll mit Farbeinsatz und erzeugt eine unwirkliche Stimmung. Und dennoch ist der fantastische Band eine Dokumentation des Realen. Die Einnahmen kommen einem Projekt in der Nähe von Tschernobyl zugute (Splitter). Auch in „Greendale“ ist die Natur bedroht. Nach Konzeptalbum und Film hat Neil Young nun auch einen Comic seiner Hippie-Fabel auf den Weg gebracht. Sun entdeckt, dass sie wie ihre Mutter und Großmutter eine besondere Beziehung zur Natur hat. Ihre Kräfte werden herausgefordert, als ein diabolischer Fremder mit Mundharmonika – im Antlitz von Neil Young gezeichnet – in die Kleinstadt Greendale kommt. Gut gemeint und trotzdem gut! Zwar geht hier mitunter plakativer Hippie-Kitsch mit dem Autor und Joshua Dyshart und Cliff Chiang, die die Umsetzung zu verantworten haben, durch. Aber insgesamt ist „Greendale“ eine durch und durch sympathische und spannende Geschichte über die Gewalt gegen und die Kräfte der Natur (Panini). Auch die Trilogie „Der Marsch der Krabben“ von Arthur de Pin beschäftigt sich mit dem ökologischen Gleichgewicht. Die sogenannte Quadratische Krabbe in der Gironde-Mündung kann nur auf einer Linie laufen, Kurven sind ihr nicht möglich. Bis eine Krabbe eines Tages genau das macht – ihren Kurs ändert und damit für großen Aufruhr in der Unterwasserwelt sorgt. Im gerade erschienenen zweiten Band „Das Krabbenimperium“ artet die neue Ideologie zum Machtkampf aus. Eine ungewöhnliche Parabel über die Freiheit des Geistes (Splitter).

Rutu Modan erzählt in „Das Erbe“ von einer alten Israelin, die zusammen mit ihrer Enkelin nach Warschau reist. Ein Erbe entpuppt sich als vorgeschobener Grund, um in Polen in die Geschichte zu tauchen. Modan erzählt mit ihren Ligne Claire-Zeichnungen souverän von einer Reise, die Vergangenheit und Gegenwart zusammenführt. Auch das Spiel mit den Zeitebenen löst Modan auf beeindruckende Art (Carlsen). Alexander von Knorre legt mit seinem Debüt eine Dokumentation seines Freiwilligen Sozialen Jahres in einem rumänischen Waisenhaus vor. „Hinter den sieben Burgen“ entführt uns in schlichten, fast karikaturhaften Skizzen in einen entlegenen Landstrich, der von der Zeit vergessen scheint. Ein befremdlicher Einblick, in dem immer wieder Momente deutscher Geschichte aufblitzen (JaJa Verlag).

Der argentinische Tangosänger „Carlos Gardel“ starb 1935 bei einem Flugzeugunglück. Sein Ruhm geht auf seine großartige Stimme zurück, die in mehr als 700 Stücken und mehreren Spielfilmen erklang. In extremen Schwarzweiß-Kontrasten erzählen der Zeichner José Muñoz und der Autor Carlos Sampayo ihre ganz eigene Geschichte des Sängers, in der sie die gesellschaftlichen Hintergründe zu einem Bild des Argentiniens der 20er und 30er Jahre verdichten (Reprodukt). Manu Larcenet veröffentlicht mit „Die Rückkehr aufs Land 2“ die Fortsetzung seiner autobiografischen Strips über den Umzug von der Stadt in ein kleines Dorf. Von Larcenet gezeichnet, aber von seinem Freund Jean-Yves Ferri erzählt, hat er immer die nötige Distanz zu sich. Ironisch wird sein Hadern mit der Ruhe im Dorf und der Gründung einer Familie aufgegriffen (Reprodukt).

CHRISTIAN MEYER

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