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Jean-François Gigoux, Die letzten Augenblicke im Leben von Leonardo da Vinci, 1835, Öl auf Leinwand, 344 x 488 cm
© Besançon, Musée des Beaux-Arts et d'Archéologie – Pierre GUENAT

Vom Malen und Sammeln

28. November 2013

Jean-François Gigoux und seine Sammlung im Von der Heydt-Museum – kunst & gut 12/13

Auch dieses Gemälde ist derzeit im Von der Heydt-Museum zu sehen: Das Bild „Die letzten Augenblicke im Leben von Leonardo da Vinci“ gehört zweifelsohne zu den Hauptwerken von Jean-François Gigoux (1806-1894). Gigoux war 1827 von Besançon nach Paris gekommen, hatte dort an der Ecole des Beaux-Arts studiert und sich den romantischen Tendenzen angeschlossen. Schon früh hatte er als Illustrator und Lithograph Anerkennung erhalten. Aber mit diesem einen Monumentalgemälde etablierte er sich als Maler in den Pariser Salons. Gigoux hat dem Thema des sterbenden Leonardo, das von vielen Künstlern gemalt worden ist, eine eigene Interpretation hinzugefügt. Bei ihm kniet sich Leonardo da Vinci, um Gott um Vergebung zu bitten für all die Bilder, die er nicht gemalt hat, aber in seiner Lebenszeit hätte malen können … Gigoux erfüllt hier die Erwartungen seiner Epoche, die eine romantisierende Historienmalerei feierte. Aber sein Gemälde ist auch ein Bekenntnis zur Kunst und zu ihrer Geschichte. Er kam dem selbst nach: Er war nicht nur ein vorzüglicher Künstler, sondern er sammelte auch Kunst. Mit seinen Honoraren als Maler und Illustrator, welche er durch Grundstücksgeschäfte vermehrte, und mit dem Blick des ausgebildeten Künstlers war ihm dies im großen Stil möglich. Gigoux beschränkte sich nicht auf eine Epoche, sondern er erwarb Kunst von der italienischen Frührenaissance bis hin zu seinen Zeitgenossen in Frankreich. Sein besonderes Augenmerk galt der Zeichnung. Mit seinem breiten Spektrum lag er im Trend. Im 19. Jahrhundert wurde das Museum etabliert und das enzyklopädische Sammeln eingeführt. Und weil Gigoux einzelne Werke weiterveräußerte, um sich höherrangige leisten zu können, umfasst seine Sammlung Meisterwerke aus unterschiedlichen Epochen. Noch zu Lebzeiten vermachte er seine Sammlung seiner Heimatstadt Besançon, die dafür ein eigenes Museum baute.

Es ist verdienstvoll, dass das Von der Heydt-Museum jetzt nicht nur Hauptwerke dieser Sammlung zeigt, sondern auch Gigoux als Maler vorstellt. Wechselnd in Temperierung und Farbigkeit tritt er vor allem mit Genreszenen, Historienbildern und Portraits hervor, wobei er ein Faible für erzählerische Posen hatte. In seinen Bildern ist alles in Dynamik, die Akteure kommunizieren, schreiten, wenden sich um oder richten sich auf. Mitunter lässt Gigoux die Einflüsse unterschiedlicher Epochen zusammenfließen – das mag mit seiner intensiven Beschäftigung mit anderen Kunstwerken zu tun haben.

Im Von der Heydt-Museum beginnt es mit den frühen Italienern, die wegen ihrer spröden Schönheit und Düsternis im 19. Jahrhundert besonders geschätzt wurden. Daran schließt die deutsche Malerei an, die bei Gigoux nicht umfangreich, aber dafür hochkarätig vertreten ist. Von Lucas Cranach sind gleich fünf Gemälde ausgestellt, darunter der „Selbstmord der Lucretia“ und die beiden Tafeln „Adam“ und „Eva“. So geht es weiter durch die Epochen im Wechselspiel von Süden und Norden, mit Tintoretto und Pieter Claesz, Velázquez und Zubarán. Ein eigener Raum ist den Zeichnungen der beiden Tiepolo vorbehalten und später, zum Ende der Ausstellung und inmitten der Franzosen des 19. Jahrhunderts, ist eine Passage zur Zeichenkunst dieser Zeit eingerichtet. Damit würdigt das Von der Heydt-Museum aber nicht nur die Zeichnung innerhalb von Gigoux' Sammlung, sondern es schließt noch an seine eigenen früheren Präsentationen im Metier der grafischen Kunst an. Auch setzt die raffinierte Inszenierung der Gigoux-Ausstellung die großen Monographien der letzten Jahre fort. Das sieht man jetzt, wenn man im Stockwerk darunter die „Alten Meister“ aus der hauseigenen Sammlung betrachtet: Die Strukturierung nach Ländern, die großzügige Hängung auf farbigen Tapeten und die Hinwendung zur Zeichnung weisen auf eine durchgehende kuratorische Handschrift. Also, die Sammlung von Gigoux und das Von der Heydt-Museum sind eine runde Sache.

„Von Cranch bis Géricault – Sammlung Gigoux“ I bis 23.2.14 I Von der Heydt-Museum, Wuppertal I www.von-der-heydt-museum.de

THOMAS HIRSCH

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