Gemeinhin werden mit Sommer Begriffe wie Sonne, Freizeit, Nichtstun – und Sommerloch assoziiert. Letzteres bezeichnet die angeblich aktions- und ereignislose Langeweile, die Platz für Mystisches lässt. Wundersames kann so entstehen, wie das von Maik Ollhoff 2010 erstmalig mit-initiierte „Sommerloch“-Kulturkonzept.
„There’s a hole in my summer that can only be filled by you“, seufzt schwärmerisch Vollplaybacker David Jott Becher über die crossmediale Mischung verschiedener Kunstsparten, zu denen neben DJ-Sets mit Charles Petersohn auch WM-Rudelgucken gehörte. Mit wHole lots of lovin‘ (2.8.) geht es nun weiter, einer Beatproduzentenveranstaltung.Zwischen 70 und 120 bpm, Jazzsample und Synthesizer – der Beat macht die Musik. Regionale und überregionale Künstler stellen im Hof der ehemaligen Elba-Hallen eigene Produktionen vor, die auch ohne Rap gut funktionieren. Erwartet werden neben Notenmenschen Edgar Wallis (Catalina Club, Köln), Dienst&Schulter (Köln), Doctor Do (Phunksammler, Wuppertal), Tim Dawg (Wu-Tal, Phunksammler/Wuppertal) die Fotokünstler René Omenzetter und Nikolai Meierjohann. Die Veranstaltung ist eine Art Gesamtkunstwerk, das sprichwörtlich die große Bühne verdient hat.
Ebenso wie Liegestuhl und Sonnencreme zum Sommer gehören, ist das Freiluftkino Talflimmern immer ein fester Programmpunkt. Auch in diesem Jahr enttäuschen die Organisatoren Mark Rieder und Mark Tykwer nicht. Mit Michelangelo Antonionis Klassiker „Blow-Up“ startete der Kinoreigen, bis Ende des Monats erhellen besondere Filme das Dunkel an der Gathe. Woody Allens „Blue Jasmine“ (13.8.) wird ebenso gezeigt wie die Romanverfilmung „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ (16.8.). Lokalflair gibt es mit „King Ping“ und dem Tod am Tippen-Tappen-Tönchen, bevor der Antikriegs-Klassiker „Im Westen nichts Neues“ (29.8.) den Abschluss bildet. Wer das lauschige Hinterhofkino an der Alten Feuerwache besucht hat, weiß: Mitgebrachte Sitzkissen und Decken erhöhen den Komfort. Weil das Atrium mit Planen relativ wasserdicht abgedeckt ist, muss Regen nicht gefürchtet werden, kühl und schattig ist es sehr wohl, und Getränke und Snacks gibt es vor Ort.
Bekanntermaßen pausieren die großen Bühnen in den Ferien. Ausnahmen bestätigen diese Regel; so zeigen Ursula und Günther in Müllers Marionettentheater die märchenhafte Geschichte des Kalifen Storch. Neugierde tötete, wie wir wissen, die Katze und bringt in Hauffs Märchen den Kalifen zunächst in Vogelform, beschert ihm die große Liebe und – natürlich – ein Happy end. Und im Kinder- und Jugendtheater wird die Zeit genutzt, um sich auf eine besondere Premiere vorzubereiten. Im September nämlich wird erstmals das von Wolfgang Herrndorf verfasste „Tschick“ gezeigt. Das ist die Geschichte zweier Jugendlicher, die eine ungewöhnliche Freundschaft verbindet, auf einer abenteuerlichen Fahrt durch Ostdeutschland. In einem geklauten Lada brettern Maik und der russisch-stämmige Tschik durch die Welt, und das ist so spannend, witzig und überzeugend wirklichkeitsnah erzählt, dass das Buch nicht nur bei Teenagern, sondern auch bei Erwachsenen ankommt. Auf die Inszenierung darf man gespannt sein.
„Sommerloch“ | bis 24.8. | Moritzstraße 14 | www.sommerloch.info
„Talflimmern“ | bis 29.8. | Alte Feuerwache | www.talflimmern.de
„Tschick“ | 6.9.(P) 17 Uhr | Berufskolleg an der Bundesallee
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