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Lieber Fred,

31. Juli 2014

engels-zungen 08/14 – Karl Marx

19. August 1876
Germania, Karlsbad

Ich schreibe unter der Londoner Adresse, da ich nicht weiß, ob Du noch an der See hausest.
Zunächst unser Reiseabenteuer. Meinem Plan gemäß blieben wir über Nacht in Köln – reisten von da morgens 6 Uhr ab mit Nürnberg als nächstem Rastplatz. Ungefähr 5 Uhr nachmittags kamen wir in Nürnberg an, von wo wir erst den folgenden Abend (es war der 14. und wir hatten der Karlsbader Wirtin den 15. als Tag unserer Ankunft angegeben) uns nach Karlsbad aufmachen wollten. Die Koffer wurden abgeladen, einem Mann mit einer Karre übergeben, der uns zum nächsten, gleich bei der Eisenbahn, vor der Stadt gelegnen Gasthof begleiten sollte. Aber in diesem Gasthof gab’s nur noch ein freies Zimmer, und zugleich kündete uns der Wirt die schauerliche Mär, daß wir schwerlich anderswo ein Unterkommen finden würden, indem die Stadt überschwemmt sei, teils infolge eines Müller- und Bäckerkongresses, teils durch Leute aus allen Weltteilen, die sich von dort zu dem Bayreuther Narrenfest des Staatsmusikanten Wagner begeben wollten. Und so war’s. Wir irrten lange in der Stadt neben dem Karren herum; weder die kleinste Kneipe noch das größte Hotel bot Asyl; alles was wir gewannen, war die oberflächliche Bekanntschaft mit dem Ursitz (höchst interessantem) des deutschen Knotentums. Also zur Eisenbahn zurück; dort hieß es, die Karlsbad nächstgelegne Stadt, wohin wir noch transportiert werden könnten, sei Weiden; nahmen tickets für Weiden. Der Herr Kondukteur hatte aber schon einen Tropfen (oder auch mehr) zu viel im Kopf; statt uns aussteigen zu machen bei Neunkirchen, von wo eine neu angelegte Zweigbahn nach Weiden, führte er uns bis Irrelohe (so ungefähr heißt das Nest), von wo wir wieder zwei ganze Stunden (auf der entgegengesetzten Seite der Hinfahrt) zurückzufahren hatten, um endlich um Mitternacht in Weiden anzukommen. Hier war wieder der einzige dort existierende Gasthof überfüllt, so daß wir auf den harten Stühlen der Eisenbahnstation bis 4 Uhr morgens auszuharren hatten. Im ganzen befanden wir uns 28 Stunden auf Reise von Köln bis Karlsbad! Dabei eine schamlose Hitze! …

(Fortsetzung des Briefes von Karl Marx im nächsten „engels“)

Karl Marx war nach 1874 und 1875 zum dritten Mal zur Kur in Karlsbad. In Bayreuth wurde im Sommer 1876 Wagners „Ring der Nibelungen“ aufgeführt. Und „Knoten“ sind in Marx‘ und Engels‘ Sprachgebrauch: Spießbürger.

Quelle: Karl Marx in seinen Briefen. Ausgewählt und kommentiert von Saul K. Padover, München 1981, S. 346-348; die Abbildung zeigt Karl Marx

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