Die Liebe seines Lebens
Australien, Großbritannien, Schweiz 2013, Laufzeit: 108 Min., FSK 12
Regie: Jonathan Teplitzky
Darsteller: Colin Firth, Jeremy Irvine, Hiroyuki Sanada, Nicole Kidman
>> www.dieliebeseineslebens-film.de
Subtiles Drama über traumatisierte Kriegsheimkehrer
The Railway Man
„Die Liebe seines Lebens“ von Jonathan Teplitzky
„The Railway Man“, so heißt dieser Spielfilm im Original. Darauf sei eingangs verwiesen für den Fall, dass der deutsche Titel falsche Erwartungen weckt. Eine neue Nicholas-Sparks-Verfilmung, zum Beispiel. Im Zentrum dieses Dramas nämlich steht weniger die Liebe eines Lebens als vielmehr das Leben zweier einstmals verfeindeter Soldaten. Die Geschichte nimmt ihren Anfang auf einer Bahnstrecke von Thailand nach Birma, die die japanische Armee im Zweiten Weltkrieg von Kriegsgefangenen bauen ließ. David Leans „Die Brücke am Kwai“ von 1957 erzählte bereits von jenem Kriegsverbrechen, das die unmenschliche Behandlung der Zwangsarbeiter darstellt. Einer der Gefangenen war der britische Soldat Eric Lomax (1919-2012). Seine Autobiografie bildet die Grundlage für dieses Drama.
In den frühen 1980er Jahren lernt Eric (Colin Firth) auf einer Zugfahrt die Krankenschwester Patty (Nicole Kidman) kennen. Die beiden verlieben sich und heiraten. Im Eheleben aber treten schon bald die seelischen Wunden zutage, die die Gefangenschaft des Ingenieurs hinterlassen hat. Eric wurde in dem Lager von dem japanischen Offizier Nagase (Hiroyuki Sanada) unter falschem Verdacht verhört und grausam gefoltert. Als Patty erfährt, dass der Japaner heute als Touristenführer an der Bahnstrecke arbeitet, sucht sie den Dialog mit Eric, stößt jedoch nur auf eine Mauer des Schweigens. Auch bei den Veteranentreffen ist der Austausch über die Erlebnisse Tabu. Patty gewinnt das Vertrauen von Erics ehemaligen Kameraden Finlay (Stellan Skarsgård). Ihre Hartnäckigkeit führt schließlich dazu, dass Opfer und Peiniger nach jahrzehntelangem Schweigen erneut einander begegnen.
Die Posttraumatische Belastungsstörung bei Soldaten wird seit nunmehr geraumer Zeit von den Medien thematisiert. Ebenso der Kinofilm beschäftigt sich verstärkt mit den psychologischen Spätfolgen des Kampfeinsatzes. Während David Lean mit seinem „Brücke am Kwai“ einerseits nichts beschönigte, zugleich aber auch ein Kriegsabenteuer erzählte, das die Folgen der Pein nicht weiter verfolgte, thematisierte Michael Cimino 1978 mit „Die durch die Hölle gehen“ bereits die seelischen Wunden von Kriegsheimkehrern. 2004 erzählte Susanne Bier in „Brothers – Zwischen Brüdern“ dann ungleich subtiler von einem traumatisierten Soldaten. „Die Liebe seines Lebens“ nun widmet sich einem solchen Schicksal aus erster Hand. Der australische Regisseur Jonathan Teplitzky erzählt reflektiert, kraftvoll und komplex von den Spätfolgen der Taten unmenschlicher Menschen und vom nachfolgenden langjährigen Schweigen beider Parteien. Davon, wie der Krieg die Beteiligten lebenslang zerfrisst. Davon, dass Rache eine Tat nicht zwingend aufwiegen kann. Von Läuterung, Vergebung und Versöhnung. Und nicht zuletzt, aber nicht zuvorderst auch davon, wie wichtig ein Halt ist daheim, den Eric in Patty, der Liebe seines Lebens, findet. Ein Film, der zunehmend greift und berührt und in dem Hiroyuki Sanada und Colin Firth eine herausragende Leistung liefern, der Jeremy Irvine („Gefährten“) als junger Eric in nichts nachsteht.
Int. Filmfestival San Sebastián 2013: SIGNIS Preis, Jonathan Teplitzky
(Hartmut Ernst)
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