Super-Hypochonder
Frankreich 2013, Laufzeit: 107 Min., FSK 6
Regie: Dany Boon
Darsteller: Dany Boon, Alice Pol, Kad Merad
>> www.super-hypochonder.de/
Munter gestreuter Phobie-Spaß
Nicht anfassen!
„Super-Hypochonder“ von Dany Boon
Es sind diese Zeitgenossen, die bei kleinsten seltsamen Schmerzen den Tod vor Augen sehen. Die mit acht Flaschen Sonnenmilch nach England reisen. Die sich beim Fahrradfahren so anziehen, als radelten sie gerade durch Fukushima. Jeder von uns kennt derlei Menschen. Doch dann erwischt man sich selbst dabei, wie man die Haltebänder an den Rolltreppen nicht mehr anfasst, den haptischen Kontakt zum U-Bahn-Interieur meidet und sich ungelenk in die Ellenbogenbeuge niest statt in die Hand wie seit Äonen. Die Angst vor Keim und Epidemie bildet eine unserer stetig wachsenden Wohlstandssorgen. Stellt sich die Frage: Ab wann ist man eigentlich Hypochonder? Dany Boon weiß die Antwort. Der französische Komiker nimmt sich eines überfälligen Themas an und rückt dessen überdrehtes Ausmaß ins Zentrum seines neuen Leinwandlustspiels.
Wie schon bei seinen Komödien „Willkommen bei den Sch'tis“ und „Nichts zu verzollen“ zeichnet Boon für Drehbuch, Regie und Hauptrolle verantwortlich. Im vorliegenden Fall hat er sich den Hypochonder Romain auf den Leib geschrieben. Romains bester Freund ist sein Arzt Dimitri (Kad Merad), bei dem er seit nunmehr achtzehn Jahren in Behandlung ist. Dimitri ist Romains einziger Freund. Davon abgesehen versucht der alleinstehende Phobiker, die konterminierte Außenwelt zu meiden und mag es ansonsten am liebsten steril. Als Romain mit einem hysterisch-hypochondrischen Ausbruch Dimitris Silvesterparty sprengt, platzt dem Arzt der Kragen. Er ist der Überzeugung, dass Einsamkeit die schlimmste Krankheit ist auf Erden und drängt Romain zum Online-Dating. Der lernt derweil Dimitris Schwester Anna (Alice Pol) kennen. Die engagiert sich für osteuropäische Flüchtlinge, unter denen sich ein politisch verfolgter Revolutionsführer versteckt, der Romain zum verwechseln ähnlich sieht.
So biegt der Streifen temporeich ein von der Phobikersatire in die Verwechslungskomödie und nimmt im finalen Knastabenteuer Fahrt auf. Sympathisch gerahmt wird dieser munter gefächerte Spaß von einer komischen Romanze. Das Rezept klingt diffus, und das ist es auch. Macht aber nichts. Denn diese Komödie ist in so ziemlich allen Belangen völlig drüber und interessiert sich grundsätzlich wenig für Logik, Gradlinigkeit oder den narrativen Fokus. Der Zuschauer zahlt nicht, um zu denken, sondern um zu lachen, laut Plakat gar „bis der Arzt kommt“. Und das geht auf, wenn Boon zuallererst sich selbst mit großem Spaß und Selbstbewusstsein inszeniert. Wer den Komiker mag, mag das. Desweiteren denkt Boon dramaturgisch eher situativ als allumfassend. Es sind die Momente in der Kurzweil. Momente, die mal in ausuferndem Slapstick münden oder die schlicht liebenswert schmunzelnd heimeln. Den Hypochondern unter den Kinogängern sei derweil gesagt: Die Therapie, die der Protagonist hier durchläuft, gibt es weder auf Rezept noch ist sie ohne Weiteres vorstellbar. Und die Angst vor Milben im Kinosesseln schürt der Film eher statt sie zu nehmen. Doch andererseits: Wer neunzig Minuten lacht, bis der Arzt kommt, hat keine Zeit für Phobien. Ein Konzept, auf das man aufbauen sollte.
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