Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
7 8 9 10 11 12 13
14 15 16 17 18 19 20

12.579 Beiträge zu
3.804 Filmen im Forum

Barbara Vinken
Foto: Kurt Rade

Erklär mir die Welt!

28. April 2016

Die Kölner phil.cologne vom 17.-23. Mai – Textwelten 05/16

Das Interesse an Philosophie ist seit den 90er Jahren stetig gewachsen. Damals fungierte Jostein Gaarders Roman „Sofies Welt“ mit seinem märchenhaften Erfolg schon als eine Art Vorbote. Freilich blieb das Bedürfnis nach philosophischen Fragen lange Zeit auf den Bereich für Lebensfragen beschränkt. Mit den fundamentalen geopolitischen Umwälzungen der letzten Jahre rückt die Philosophie wieder in die Rolle eines Welterklärers. „Krisenzeit ist eine gute Zeit für Philosophie“, behautet Wolfgang Erdenberger, einer der Programmentwickler des Festivals, das vor drei Jahren ins Leben gerufen wurde. 

Wenigstens einer, der also von der verworrenen Weltlage profitiert, möchte man meinen. „Was tun?“, lautet denn auch die Frage, die sich gleich zu Beginn der diesjährigen phil.cologne stellt. Antworten soll Agnes Heller, Nachfolgerin auf dem Lehrstuhl von Hannah Arendt in New York, geben, die in Budapest lebt und die politischen Verwerfungen in Osteuropa genau beobachtet. Christopher Clark, britisch-australischer Historiker, der mit den „Schlafwandlern“ ein epochales Werk zur Entstehung des Ersten Weltkriegs schrieb, und Richard David Precht werden die britische und die deutsche Perspektive auf die Krise Europas eröffnen.

Die griechische Wortbedeutung von Krise beschreibt eine Situation, in der falsch zusammengesetzte Strukturen neu geordnet werden. Also ein ziemlich produktiver Ansatz für Erfolge, die die Zukunft bringen könnte. Deshalb wird sich auch der Soziologe Harald Welzer – er firmiert schon als eine Art Stammgast des Festivals – mit Volker Handon über den gefräßigen Kapitalismus unterhalten. Denn Handon ist Wertpapierhändler, hält jedoch die Praxis, Geld mit Geld zu verdienen, für „krank“.

Während die ganze Welt über die Attacken nordafrikanischer Männer auf Frauen in der Silvesternacht diskutiert, fragt der Historiker Jörg Baberowski, ob Gewalt auch weiblich sei? Baberowski geht davon aus, dass sich Gewalt dort entwickelt, wo Menschen für ihre Verbrechen keine Bestrafung fürchten müssen. Die Literaturwissenschaftlerin und Feministin Barbara Vinken, die grundlegende Texte über Mode und Pornographie schrieb, wird ihm antworten, wenn es darum geht, nach spezifischen Formen weiblicher Gewalt zu forschen.

Aktuelle Themen korrespondieren in der Philosophie mit ewigen Phänomenen, so kommt Rüdiger Safranski nach Köln um über die Zeit zu sprechen. Nicht erst in unserer eng vernetzten Epoche spielen Stimmungen im gesellschaftlichen Umfeld eine wichtige und manchmal geradezu beängstigende Rolle. Soziologe Heinz Bude und Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sprechen über die „Macht eines kollektiven Gefühls“, das sich aus einem Like oder Hate einen sozialen Flächenbrand entzündet. Immerhin ist aber auch der Hunger nach kritischem Denken gewachsen, das beweist dieses Festival, dessen Säle oft schon um 18 Uhr bis auf den letzten Platz gefüllt sind.

phil.cologne | 17.-23.5. | WDR Funkhaus; Comedia | www.philcologne.de

Thomas Linden

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Transformers One

Lesen Sie dazu auch:

Risse in der Lüneburger Heide
„Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann – Literatur 10/24

Förderung von Sprechfreude
„Das kleine Häwas“ von Saskia Niechzial, Patricia Pomnitz und Marielle Rusche – Vorlesung 10/24

Frauen gegen Frauen
Maria Pourchets Roman „Alle außer dir“ – Textwelten 10/24

Wie geht Geld?
„Alles Money, oder was? – Von Aktien, Bitcoins und Zinsen“ von Christine Bortenlänger und Franz-Josef Leven – Vorlesung 09/24

Zerstörung eines Paradieses
„Wie ein wilder Gott“ von Gianfranco Calligarich – Literatur 09/24

Lektüre für alle Tage
Lydia Davis‘ Geschichtensammlung „Unsere Fremden“ – Textwelten 09/24

Reise durchs Eismeer
„Auf der Suche nach der geheimnisvollen Riesenqualle“ von Chloe Savage – Vorlesung 09/24

Schluss mit normativen Körperbildern
„Groß“ von Vashti Harrison – Vorlesung 08/24

Weibliche Härte
„Ruths Geheimnis“ von Aroa Moreno Durán – Textwelten 08/24

Geschichte eines Vierbeiners
„Wie die Katze zu uns kam“ von Lena Zeise – Vorlesung 08/24

Von Pennsylvania in die Welt
„Taylor Swift“ von María Isabel Sánchez Vegara – Vorlesung 07/24

Mal angenommen, dies sei wahr
„Kälte“ von Szczepan Twardoch – Literatur 07/24

Literatur.

Hier erscheint die Aufforderung!