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Anna Katharina Fröhlich
Foto: privat

Ein Leben, das um Bücher kreist

02. Juni 2025

„Roberto und Ich“ von Anna Katharina Fröhlich – Textwelten 06/25

Ein Vorschuss an Vertrauen steht ihr zu, ist Anna Katharina Fröhlich es doch selbst, die ihre Geschichte mit dem italienischen Verleger und Intellektuellen Roberto Calasso erzählt, einem der Gründer des Mailänder Adelphi Verlags. Auf der Frankfurter Buchmesse findet diese Zweier Leben verändernde Begegnung statt. Sie an der Hand ihrer Mutter, ebenfalls eine Frau der intellektuellen Bücherwelt. Er, 30 Jahre älter, gerade im Gespräch mit dem deutschen Verlegerfreund Axel Matthes, als sich alles in Bruchteilen von Sekunden entscheidet. Die beiden werden fast drei Jahrzehnte lang ein Paar sein.

Alle Liebesgeschichten ähneln sich auf gewisse Weise, was sie unterscheidet, ist die Art und Weise, wie sie erzählt werden, und die klingt bei Fröhlich recht eigenwillig. Man könnte auch sagen: altmodisch, verschnörkelt, plüschig, aber davon darf man sich nicht täuschen lassen. Hinter all den Ornamenten und literarischen Bezügen glüht ein leidenschaftlicher Kern zwischen dem in die Jahre gekommenen Mann und der jungen Frau. Bevor sie zu den magischen Momenten der Liebe vordringt, schildert Fröhlich zunächst, welche Kleidung sie an diesem Tag trug. Damals muss es ein grünes Kleid mit Puffärmeln und einem Hut gewesen sein. Der Kontrast zu dem von asketischer Eleganz geprägten Italiener hätte nicht größer sein können. Romantisch stellen sich auch die Schauplätze dieser Liebe dar, die entweder aus luxuriösen Hotels oder einem traumhaften Anwesen am Gardasee bestehen.

Und dennoch, bei Anna Katharina Fröhlich ist das Ambiente keine Verkleidung, sondern Teil einer Beziehung, in der stilvolles Leben bewusstes Leben bedeutet. Literarische Bezüge sind hier keine Pfauenfedern. Vielmehr stellt sich die Literatur als ein Erfahrungsreservoir dar, aus dem geschöpft wird. Man klebt beim Lesen an dieser Beziehungsgeschichte, weil Fröhlich die Gabe besitzt, das Leben in jedem Augenblick als Geschenk zu betrachten. „Erziehung zur Aufmerksamkeit“ nennt sie das, was sie mit Roberto Calasso bis zu dessen Tod 2021 eingeübt hat. Beim Lesen lernt man mit ihr Autoren, Verleger und Landschaften in einem köstlich dahinfließenden Erzählstrom kennen, aus dem man irgendwann gar nicht mehr auftauchen mag.

Anna Katharina Fröhlich: Roberto und Ich | Friedenauer Presse | 202 Seiten | 22 Euro

Thomas Linden

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