Wie wir verhindern, zur Desinformationsgesellschaft zu werden, erörtert Autor Frank Überall in seinem neuen Buch „Deadline für den Journalismus?“. Darin befasst sich der ehemalige Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands und aktuelle Chefreporter der multimedialen Online-Plattform Kivvon mit der Zukunft des Journalismus in Zeiten von Digitalisierung und KI.
Das Buch ist bei aller Kritik an den fragwürdigen Mechanismen der Informationskultur ein Plädoyer für den Journalismus der Zukunft. Neben Gefahren etwa durch Deepfakes (realistische Fälschungen von Medien durch KI), die das Vertrauen in die Demokratie erschüttern können, beschreibt Überall auch mögliche Maßnahmen, um Vertrauen wiederherzustellen, beispielsweise durch die Vergabe von Gütesiegeln durch unabhängige Stiftungen. Den zunehmenden Sparmaßnahmen innerhalb der Redaktionen setzt der Autor Überlegungen entgegen, den Journalismus als gemeinnützig anzuerkennen und somit steuerrechtliche Vorteile für Publikationen zu erwirken. Um verlorenes Vertrauen in die Medien wiederzuerlangen, spiele zudem die Transparenz der Verlage eine wesentliche Rolle. Native Advertising (wie Artikel gestaltete Pressetexte) und andere kommerziell ausgerichtete Informationen sollten demnach klarer gekennzeichnet werden. Vor allem mit Blick auf KI fordert Überall von den Redaktionen einen verantwortungsvolleren Umgang mit Bildern, Videos und Audioinhalten. In einem „Appell für guten Journalismus“ spricht er sich darüber hinaus für die Einführung des Schulfachs Medienkompetenz aus, um junge Menschen für die Möglichkeiten und Risiken sozialer Netzwerke zu sensibilisieren. Eine gezielte Förderung dieser Kompetenzen auch für ältere Semester dürfe davon nicht ausgeschlossen werden, so der Kölner Sozial- und Medienwissenschaftler. In seinem lesenswerten Werk fasst Frank Überall verpasste Chancen zur Umstrukturierung des Journalismus während der digitalen Transformation zusammen und liefert Denkanstöße für ein zeitgemäßes, hochwertiges und zukunftsorientiertes Pressewesen.
Frank Überall: Deadline für den Journalismus? Wie wir es schaffen, nicht zur Desinformationsgesellschaft zu werden | Dietz-Verlag | 224 S. | 22 Euro
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Alternative Realität in Tokyo
„Tokyo Sympathy Tower“ von Rie Qudan – Literatur 07/25
Zart und kraftvoll zugleich
„Perlen“ von Siân Hughes – Textwelten 07/25
Flucht ins Metaverse
„Glühfarbe“ von Thea Mantwill – Literatur 06/25
Ein Hund als Erzähler
„Zorro – Anas allerbester Freund“ von Els Pelgrom und Sanne te Loo – Vorlesung 06/25
Im Reich der unsichtbaren Freunde
„Solche Freunde“ von Dieter Böge – Vorlesung 06/25
Bis zur Neige
„Der Durst“ von Thomas Dahl – Literatur 06/25
Ein Leben, das um Bücher kreist
„Roberto und Ich“ von Anna Katharina Fröhlich – Textwelten 06/25
Die Spielarten der Lüge
„Die ganze Wahrheit über das Lügen“ von Johannes Vogt & Felicitas Horstschäfer – Vorlesung 05/25
Im Fleischwolf des Kapitalismus
„Tiny House“ von Mario Wurmitzer – Literatur 05/25
Starkregen im Dorf der Tiere
„Der Tag, an dem der Sturm alles wegfegte“ von Sophie Moronval – Vorlesung 05/25
Ein Meister des Taktgefühls
Martin Mosebachs Roman „Die Richtige“ – Textwelten 05/25
Unglückliche Ehen
„Coast Road“ von Alan Murrin – Literatur 04/25
Die Kunst der zärtlichen Geste
„Edith“ von Catharina Valckx – Vorlesung 04/25