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Heiko Sakurai

‚Engelsismus’ hört sich einfach leicht schräg an

04. Dezember 2019

Das Cartoon-Buch zum Engels-Jubiläum

Freimut Woessner, geboren 1945 in Schwaben, hat gleich mehrere seiner Arbeiten beigesteuert – als Hommage an den großen Wuppertaler Friedrich Engels. „Nee, Karl, schreib Du mal das Kapital – ‚Engelismus’ hört sich einfach leicht schräg an“, steht da etwa auf Seite 7. Zu sehen ist Karl Marx mit dichtem schwarzen Rauschebart, der auf einem runden Tablett ein Glas Wein und zwei Gläser herbeischafft. Engels hingegen verschränkt seine Arme vor dem Schreibtisch; davor liegen Tintenfass, Füller und Papier – wohlgemerkt weißes Papier. ‚Engelismus‘, das wäre wohl nicht das Seine. Woessner ist Karikaturist und Verfasser von satirischen Texten, die unter anderem in der „Sächsischen Zeitung“ und im „Eulenspiegel“ erscheinen.


Klaus Stuttmann

Einmal umblättern, wandern die Augen des Betrachters auf einen weiteren „Woessner“, diesmal einer, der farbenprächtig die Stadt Wuppertal zeigt. Ein Mann und eine Frau sitzen im Gespräch auf einer Parkbank; im Hintergrund sind die typischen markanten Gebäude der Stadt zu erblicken, viel Grün und ein blauer Himmel, der nur von einer Sprechblase getrübt wird: „Wenn die Proletarier aller Länder also so vereinigungsmäßig besser drauf gewesen wären und wenn sie die Signale besser gehört hätten, dann würde Wuppertal heute...“ Und hier muss man auf das untere Bildende blicken, denn unter der Parkbank steht geschrieben: „...Friedrich-Engels-Stadt heißen!“ Doch soweit ist es bekanntlich nicht gekommen. Die Proletarier aller Länder haben sich nicht vereinigt, Wuppertal trägt noch immer seinen schönen alten Namen und Freimut Woessner hat auch weiterhin die Chance sich an Friedrich Engels und seinen Worten abzuarbeiten – etwa auf Seite 16. Dort posiert er erneut mit Marx.

Was auf der Zeichnung genau zu sehen ist? Das kann jeder selbst nachschlagen – im Text- und Bildband „Engels-Gesichter“ (Hrsg: André POLOczek, Verlag Edition 52/Uwe Garsk, 22 €). Er soll als humorvolle Würdigung Friedrich Engels‘ zu dessen 200. Geburtstag erscheinen und an ihn erinnern – gespickt mit Cartoons und kritisch-komischen Texten aus der Stadt. Denn was nur wenigen bekannt sein dürfte: Friedrich Engels hat selbst Karikaturen gezeichnet.


André POLOczek

Standhaft bleiben, das ist heute gar nicht so leicht

Chemnitz 2019: Karl Marx hat die Schnauze voll. „Schleuser, wo bleibt ihr? und „Ich muss weg!“ steht da über dem Karl-Marx-Monument inmitten der Stadt. Klaus Stuttmann hat die Karikatur aufs Papier gebracht, die den Weggefährten von Friedrich Engels zeigt, umringt von einem illustren dumpfen Block: AfD, Pro Chemnitz, NPD, Pegida, Hass, und „Wir sind das Volk“ tragen die Demonstranten auf braunen Schildern vor sich her, einige die Hand empor gereckt zum verbotenen Hitlergruß. Sie skandieren „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“, „Wir kriegen euch alle!“ und „Jagt sie!“, was an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte erinnert. Stuttmann will wach rütteln, das ist klar, auf, dass auf deutschem Boden an Gräueltaten Geschehenes nie wieder geschieht.

In einer anderen Zeichnung widmet er sich Marx und Engels in Wartestellung. Das berühmte Denkmal der beiden hat einen neuen Raum bezogen, den Warteraum der hiesigen Agentur für Arbeit. „Der nächste bitte!“, hallt es aus dem Büro eines Sachbearbeiters – offenbar ist die Zeit gekommen, in der sich die beiden Vordenker der als Marxismus bezeichnete Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie einen neuen Job suchen müssen. Wieder will Stuttmann, geboren 1949, wohnt seit 1970 in Berlin, zum Nachdenken anregen. Er studierte Kunstgeschichte und Geschichte. Seine Veröffentlichungen sind in der „Leipziger Volkszeitung“, im „Tagesspiegel“, der „taz“, der „Badischen Zeitung“, im „Freitag“ und im „Eulenspiegel“ zu finden.

Klassenkampf mit der 10 b: Engels wer?

„Liebe Kinder, heute nehmen wir mal Friedrich Engels durch. Friedrich Engels, das war der Bro von Karl Marx. Die beiden gelten quasi als die Lochis des Sozialismus“, lässt Sabine Bode in ihrem Text „Klassenkampf mit der 10 b – Unterrichtsaufzeichnungen einer Teilzeit-Aushilfslehrerin an einer schulähnlichen Pubertierendenaufbewahrungsstation in Wuppertal“ zunächst ihre erste Protagonistin, die Lehrerin zu Wort kommen. Bode, ein Ruhrpottkind und lange Jahre Gagschreiberin für diverse deutsche Comedygrößen, arbeitet heute erfolgreich als Journalistin, Übersetzerin, Buchautorin und Stand-up-Komikerin – wenn sie sich gerade nicht mit Friedrich Engels beschäftigt.

Apropos Engels: Nach der Lehrerin ist „Shakira-Jellanie“ an der Reihe, die nicht wirklich weiß, was ihre Lehrerin von ihr will: „Marx und Engels – gibt’s da nicht diese leckeren englischen Sandwiches?“ Entgegnung: „Nein, Shay-Jay. Das ist Marks & Spencer.“ Es folgt der Bildungsauftrag, den die Lehrerin nach dem Lehrbuch abarbeitet: Namen, Daten, Fakten über Marx und Engels, dann eine Verwechslung. Denn ‚Dwayne’ versteht nur Bahnhof: „Der wollte die Klassen abschaffen? Ehrenmann.“ Frau Lehrerin bemüht einen weiteren Vergleich, diesmal mit Günter Wallraff. Doch den kennt keiner. Einige Zeilen über Kapitalismus, Grünkohl-Cashew-Smoothie und Wirrungen später, kommt die illustre Klassenrunde Dank einem anschaulichen Tafelbild auf einen gemeinsamen Nenner. Jetzt versteht es sogar Shakira-Jellanie. Wer wissen will, was auf der Tafel zu „Friedrich Engels: Gedanken, Aphorismen, Bonmots“ steht, kann im Text- und Bildband nachschlagen.


André POLOczek

Eine humorvolle Würdigung Friedrich Engels

„Was haben wir heute noch mit Friedrich Engels gemeinsam? Der Philosoph wollte die Weltherrschaft des Proletariats – wir die Weltherrschaft der Komischen Kunst“, betont Achim Frenz, Leiter des Caricatura Museums in Frankfurt am Main, in seinem Geleitwort. Er erinnert an die „Neue Wuppertaler Schule“, die „Komische Kunst“ einer besonderen Künstlerspezies innerhalb von Wuppertals Stadtmauern. Das Gespenst, das umgeht in Wuppertal sei „das Gespenst des radikalen besonderen Nonsens“.Einige bekannte Künstler dieses Genres leben und arbeiten hier noch heute. Der Band „Engels-Gesichter“ vereint komisch-satirische Bilder und Texte, die sich auf Friedrich Engels und seine Arbeiten beziehen. Herausgegeben wird er vom Wuppertaler Cartoonisten André POLOczek.

Untrennbar verbunden: Engels und Wuppertal

Am 28. November 1820 wurde Friedrich Engels in Barmen im heutigen Wuppertal geboren. Wuppertal war, Wuppertal ist seine Stadt: Engels-Stadt. Er hat seine ersten Jahre hier verbracht, bevor er sich als Philosoph, Gesellschaftstheoretiker, Historiker, Journalist und kommunistischer Revolutionär in die Welt aufmachte – und sie für immer veränderte. Gemeinsam mit Karl Marx entwickelte Engels, der ebenso als Unternehmer in der Textilindustrie erfolgreich war, die heute als Marxismus bezeichnete Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie. In vielfältiger Hinsicht wird ihm im „Engels-Jahr“ vielerorts in Wuppertal gedacht. So zeigt etwa eine Ausstellung in der Zentralbibliothek Wuppertal, Kolpingstraße 8, ausgewählte Karikaturen aus dem Band „Engels-Gesichter“, der bei der Edition 52 erscheint – ein seit 20 Jahren bestehender Wuppertaler Fachverlag für Comic-Kunst und Cartoons.Zu bestaunen ist die Ausstellung vom 28.11.2019 bis zum 30.1.2020 sowie vom 26.11.2020 bis zum 12.01.2021. Die Vernissage findet statt am Donnerstag, 28.11.2019 um 18 Uhr. Öffnungszeiten: dienstags, donnerstags und freitags von 10 bis 19 Uhr, samstags von 10 bis 13 Uhr.

Pascal Hesse

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