Der französische Altmeister Enki Bilal war gerade mit den zwei opulenten Sammelbänden „Alexander Nikopol“ und „Monster“ mit Alben aus den Jahren 1981 bis 2007 medial präsent. Seine neue Reihe „Bug“ ist auch schon beim zweiten Band angelangt: In der hochdigitalisierten Zukunft wird plötzlich alles Digitale verschluckt: Internet, Verkehrssteuerung, Kommunikation, Implantate. Aus unbekanntem Grund scheint ein Astronaut im All zur gleichen Zeit alles Digitale in sich aufgenommen zu haben. Während die Welt im Chaos versinkt, versuchen unterschiedliche Kräfte, diesen Mann zu finden. Bilal hat seine faszinierende Prämisse in eine Familiengeschichte eingebettet, die sein dystopisches Szenarium in schlierenden Kreidezeichnungen mit einem Kern aus menschlichen Beziehungen unterfüttert (Carlsen).
Büke Schwarz erzählt in ihrem semi-autobiografischen Debüt „Jein“ von Elâ, einer deutsch-türkische Künstlerin, die an einer Gruppenausstellung arbeitet. Eigentlich sieht sie sich nicht als explizit politische Künstlerin, und ihre türkischen Wurzeln sind ihr auch nicht sonderlich wichtig. Aber als die Vernissage näher rückt und zugleich ein Referendum in der Türkei Erdogan viel mehr Macht und seinen Anhängern Auftrieb gibt, kommt Elâ nicht drumherum, Position zu beziehen. Schwungvoll und mit Humor erzählt Schwarz vom alltäglichen Künstlerleben, erzählt in surrealen Szenarien aber auch von Zweifeln und Ängsten. Ein sehr emotionales und überraschend elegant erzähltes Debüt (Jaja Verlag).
In der von Isabel Kreitz herausgegebenen Reihe „Die Unheimlichen“ erzählt uns im sechsten Band Olivia Viehweg blutig von „Antigone“, die sie als willensstarke Frau mit moralischen Prinzipien zeigt. (Carlsen). Mit starken Mädchen hat uns auch die Serie „Paper Girls“ beglückt, die nun mit dem sechsten Band ein furioses Finale erfährt. Brian K. Vaughn und Cliff Chiang haben ein humorvolles Zeitreise-Spektakel mit großartigen Role-Models erschaffen (Cross Cult). Anna Haifisch widmet sich in ihrem farbenprächtigen Kurzgeschichtenband „Schappi“ Künstlern und Sammlern, Politikern und anderen Gruppen und Einzelgängern – stets liebevoll in ihrem dann doch abgründigen Humor. Narrative Illustration in ganzseitigen, grellfarbigen Seiten mit Textunterschriften(Rotopol).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Female (Comic-)Future
Comics mit widerspenstigen Frauenfiguren – ComicKultur 04/24
Spurensuche
Comics zwischen Wirklichkeit, Fantasie und Spektakel – ComicKultur 03/24
Gertrude, Celeste und all die anderen
Progressive Frauen in Comics – ComicKultur 02/24
Held:innen ohne Superkraft
Comics gegen Diktatur und Ungerechtigkeit – ComicKultur 01/24
Ernste Töne
Neue Comics von Sfar, Yelin und Paillard – ComicKultur 12/23
Ausstellung in Buchformat
Wenn jedes einzelne Panel im Comic einem Kunstwerk gleicht – ComicKultur 11/23
Comic und Film Hand in Hand
Von, für und über Erwachsene – ComicKultur 10/23
Klaustrophobische Comics
Eingerahmter Existentialismus zwischen Leben und Tod – ComicKultur 09/23
Großalarm für Otakus
Manga Day 23 – Literatur 09/23
Zwiespältige Helden
Geschichten aus anderen Zeiten – ComicKultur 08/23
Große Werke bei kleinen Verlagen
Comics sind nach wie vor ein Risikogeschäft – ComicKultur 07/23
Rotes Blut, roter Staub
Graphic Novels mit cineastischen Bezügen – ComicKultur 06/23
Kindheit zwischen Buchseiten
„Die kleinen Bücher der kleinen Brontës“ von Sara O’Leary und Briony May Smith – Vorlesung 05/24
Grenzen überwinden
„Frieda, Nikki und die Grenzkuh“ von Uticha Marmon – Vorlesung 04/24
Verblassende Wirklichkeit
Die Wuppertaler Literatur Biennale – Festival 04/24
Erwachsen werden
„Paare: Eine Liebesgeschichte“ von Maggie Millner – Textwelten 04/24
Wortspielspaß und Sprachsensibilität
Rebecca Guggers und Simon Röthlisbergers „Der Wortschatz“ – Vorlesung 03/24
Lebensfreunde wiederfinden
„Ich mach dich froh!“ von Corrinne Averiss und Isabelle Follath – Vorlesung 03/24
Das alles ist uns ganz nah
„Spur und Abweg“ von Kurt Tallert – Textwelten 03/24
Wut ist gut
„Warum ich Feministin bin“ von Chimamanda Ngozi Adichie – Vorlesung 03/24
Unschuldig bis zum Beweis der Schuld
„Der war’s“ von Juli Zeh und Elisa Hoven – Vorlesung 02/24
Das Drama der Frau um die 50
„So wie du mich willst“ von Camille Laurens – Textwelten 02/24