Jacques - Entdecker der Ozeane
Frankreich 2016, Laufzeit: 122 Min., FSK 6
Regie: Jérôme Salle
Darsteller: Lambert Wilson, Pierre Niney, Audrey Tautou
>> dcmworld.com/portfolio/jacques/
Episch gefilmtes Star-Biopic aus kritischer Perspektive
Der alte Mann und das Meer
„Jacques – Entdecker der Ozeane“ von Jérôme Salle
Es wäre wohl ein Leichtes gewesen, über diesen Mann eine schön harmlose Edelschnulze in glitzernden Ozeanfarben zu drehen. Zumal Jacques Cousteau (1910-1997), weltweit berühmt geworden als der Mann mit der charakteristischen roten Schiffermütze aus diesem herrlich altmodischen Material, in seiner Heimat Frankreich als Nationalheld gilt. Umso erstaunlicher, dass das mit 35 Millionen Euro dick budgetierte Porträt des französischen Regisseurs Jérôme Salle („Anthony Zimmer“) durchaus kritisch an den Star herangeht und selbst die unangenehmsten Fragen stellt.
Davon gibt es so einige. Schon 1949, als der Film ansetzt, gibt Jacques Cousteau (Lambert Wilson) sein idyllisches Familienleben in einer Villa am Mittelmeer auf – und das Erbe seiner liebenden Frau Simone (Audrey Tautou) mit vollen Händen aus –, um ein schrottreifes Schiff zu kaufen und zu restaurieren, das als „Calypso“ in die Geschichte eingehen wird. Seine kleinen Söhne Philippe (Pierre Niney) und Jean-Michel (Benjamin Lavernhe) packt das Paar ins Internat, um ungehindert die Meere befahren zu können. In den folgenden Jahren wird Cousteau zum Pionier, oscarprämierten Filmemacher, Geschäftsmann und Playboy, der für eine gute Kameraeinstellung auch mal Kliffe sprengt oder Haie massakriert. Während die Welt ihn liebt, lässt er Simone allein und alkoholkrank auf der Calypso zurück und vergnügt sich mit Affären. Es braucht den Konflikt mit seinem erwachsenen Lieblingssohn Philippe und schließlich dessen tragischen Unfalltod, um aus Cousteau spät im Leben noch einen Umweltschützer zu machen. Einen, der sich mit ganzer Seele dem Erhalt der Natur widmet.
Trotz der gut zwei StundenSpielzeit seltsam ruhelos, mit heftigen Zeitsprüngen, permanent um den Globus wandernden Szenerien und Schauspielern, die im Zeitraffer altern, hakt das Melodram die unschönen Stationen in Cousteaus Privatleben quasi im Akkord ab. Dem gegenüber stehen grandiose Unterwasseraufnahmen mit Walen, unterirdischen Bauten und Korallenriffen, die in so tiefblauer Magie so seit Luc Bessons „Im Rausch der Tiefe“ nicht mehr im Kino zu sehen waren. Einige der Löcher in Handlung und Gefühl stopfen auch die exzellenten Schauspieler, allen voran Audrey Tautou, die späterim Film als vom Leben frustrierte, auf der Calypso ein Einsiedlerleben fristende alte Frau mehrere Welten von der fabelhaft verträumten „Amélie” entfernt scheint.
So entsteht im Lauf des Dramas ein Cousteau-Gesamtbild, das mehr Schatten als Licht birgt und einen Egomanen skizziert, dem Meer und Menschen bis fast zum Schluss allein zur Selbstbespiegelung dienten. So ist es nicht der Mann selbst, für den man sich interessieren lernt, sondern das Erbe, das er der Welt hinterlässt. Zum Beispiel das 1998 von den mächtigsten Männern der Welt unterzeichnete Moratorium, das die industrielle Ausbeutung der Antarktis bis 2048 einfriert.
(Renée Wieder)
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bad Director
Start: 9.5.2024
Robot Dreams
Start: 9.5.2024
Das Zimmer der Wunder
Start: 16.5.2024
Nightwatch: Demons Are Forever
Start: 16.5.2024
Furiosa: A Mad Max Saga
Start: 23.5.2024
Mit einem Tiger schlafen
23.5.2024
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
Golda – Israels Eiserne Lady
Start: 30.5.2024
May December
Start: 30.5.2024
Was uns hält
Start: 20.6.2024
Führer und Verführer
Start: 11.7.2024
Love Lies Bleeding
Start: 18.7.2024
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
The Monk And The Gun – Was will der Lama mit dem Gewehr?
Start: 1.8.2024
Alien: Romulus
Start: 15.8.2024
Das Licht
Start: 17.10.2024
Hagen
Start: 31.10.2024
„Versagen ist etwas sehr Schönes“
Regisseur Taika Waititi über „Next Goal Wins“ – Gespräch zum Film 01/24
„Ich muss an das glauben, was ich filme“
Denis Imbert über „Auf dem Weg“ – Gespräch zum Film 12/23
Sieben Spitzenprämien-Gewinner
Kinoprogrammpreis-Verleihung in der Wolkenburg – Foyer 11/23
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
„Zufriedenheit ist eine innere Einstellungssache“
Stefan Gorski über „Ein ganzes Leben“ – Roter Teppich 11/23