Wo in Paris die Sonne aufgeht
Frankreich 2021, Laufzeit: 105 Min., FSK 16
Regie: Jacques Audiard
Darsteller: Noémie Merlant, Lucie Zhang, Jehnny Beth
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Gefühlvoller episodischer Schwarzweißfilm
Nebeneinander
„Wo in Paris die Sonne aufgeht“ von Jacques Audiard
Das 13. Pariser Arrondissement liegt im südöstlichen Paris. Wenn hier die Sonne aufgeht, dann zwischen den über 30 rund hundert Meter hohen Hochhäusern, die hier in den 70er Jahren im Sinne des Architekten und Stadtplaners Le Corbusier entstanden sind und „Les Olympiades“ – so der Originaltitel des Films – genannt werden. Hier leben viele Pariser mit Migrationshintergrund, vor allem Asiaten, aber auch Menschen mit afrikanischem Hintergrund. Man fühlt sich durch die Betonwüste zwar an die Banlieues der Randbezirke erinnert. Hier, mitten in der Stadt, spürt man aber kaum soziale Spannungen – es ist ein friedliches Nebeneinander. Es ist eher dieses Nebeneinander, das Probleme bereitet. Denn blickt man in die unzähligen Wohnungen der Hochhäuser der „Olympiades“, dann sieht man vor allem einsame Menschen. Sie leben nebeneinander her, ihre Wege kreuzen sich und laufen wieder auseinander.
So ist es auch bei Émilie, Camille und Nora. Émilie lebt in einer großzügigen Wohnung in einer der Hochhäuser. Eigentlich gehört die Wohnung ihrer Großmutter, doch die ist im Altersheim. Wenn die Großmutter stirbt, kann sie sich die Wohnung nicht mehr leisten. Denn seit dem Abschluss ihres Studiums jobbt sie nur in Callcentern oder Restaurants. Zur Absicherung sucht sie einen Untermieter. Den findet sie in Camille, einem jungen, schwarzen Lehrer. Der freundliche Camille und die grantige Émilie werden entgegen aller Wahrscheinlichkeit ein Paar. Doch das ist keine gute Idee. Und schon bald muss Èmilie ihre Nachfolgerin widerwillig am Küchentisch ertragen. Nicht weniger einsam als Émilie ist Nora. Sie ist neu in der Stadt und beginnt gerade ihr Studium. Dass sie die Älteste in den Kursen ist, verunsichert sie. In ihrem früheren Leben hat sie als Immobilienmaklerin gearbeitet, dann aber aus persönlichen Gründen ihr Leben komplett umgekrempelt. Auf einer Studentenparty wird sie mit dem Online-Pornostar Amber Sweet verwechselt. Das hat langwierigere Folgen, als zunächst vermutet: Sie sieht sich plötzlich mit einer Cybermobbing-Welle konfrontiert. Aus Verzweiflung bricht sie ihr Studium ab und arbeitet wieder im Immobiliengeschäft, wo sie auf Camille trifft. Außerdem nimmt sie Kontakt zu der echten Amber Sweet auf.
Jacques Audiard („Ein Prophet“; „Der Geschmack von Rost und Knochen“) hat einen für seine Verhältnisse sehr ruhigen Film gemacht. Er widmet sich hier dem Alltag vereinzelter junger Großstädter, die mit Verbindlichkeiten hadern und sich in der Flüchtigkeit der Sozialen Medien verlieren. Gemeinsam mit den Regisseurinnen Céline Sciamma („Porträt einer jungen Frau in Flammen“) und Léa Mysius („Ava“) hat er drei Kurzgeschichten des US-amerikanischen Comic-Künstlers Adrian Tomine („Sommerblond“, „Eindringlinge“, „Halbe Wahrheiten“, „Echo Avenue“) zu einem Beziehungsgeflecht verwoben, das die erstarrte Traurigkeit der Figuren nicht nur in der Übernahme der Schwarzweiß-Gestaltung der Comics in den Film transportiert, sondern auch in der zarten Figurenzeichnung, die hinter jeder Fassade eine Hilflosigkeit erahnen lässt.
(Christian Meyer-Pröpstel)
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