Anlässlich der größten Tradeshows für Programmkinos Anfang September in Leipzig stellte die FFA ihren jährlichen Bericht zum Stand der Programmkinos vor. Grund genug sich einmal etwas genauer mit diesem Kinotyp zu beschäftigen. Früher unterschieden sich die Programmkinos von den herkömmlichen dadurch, dass sie ein festes Monatsprogramm erstellten und sich damit der üblichen Praxis von wöchentlichen Filmbuchungen versagten, die je nach Erfolg weiter gespielt oder abgesetzt wurden.
Ende der sechziger Jahre wurden in den großen Studentenstädten die ersten Kinos dieser Art gegründet und begannen die großen Klassiker wieder aufzuführen und Filme jenseits des Mainstreams, hier vor allem den europäischen Autorenfilm zu zeigen. Die Filme wurden in ein 4- bis 6-wöchiges festes Programm eingeteilt –daraus entstand der Name Programmkino. Diese Form der Programmierung ist heute nahezu ausgestorben. Aus diesem Grund ist der Begriff Filmkunst- oder Arthaus-Kino heute der richtigere. Denn auch der Programmkino-Betreiber gestaltet jeden Montag sein Programm für die kommende Spielwoche ab Donnerstag in Abhängigkeit der Neuerscheinungen und der Nachfrage der aktuellen Filme neu.
Das Hauptunterscheidungsmerkmal stellt also die vermeintliche Qualität eines Films dar, wobei Film- und Publikumsqualität schlecht zu greifende Größen sind. Auch Regisseure, Schauspieler oder Themen sind keine verlässlichen Indikatoren, denn Steven Spielberg, Clint Eastwood, aber auch Bruce Willis, Meryl Streep oder Pierce Brosnan erfreuen sowohl die Arthaus- wie auch die Multiplex-Besucher. Überhaupt sind die Grenzen gar nicht mehr klar zu zeichnen, wobei erfolgreiche Arthaus-Filme, die in die Multiplexe schwappen, deutlich häufiger sind als erfolglose Mainstreamfilme. Die besten Beispiele hierfür sind die französischen Überraschungserfolge „Willkommen bei den Sch’tis“, „Ziemlich beste Freunde“ oder aktuell „Monsieur Claude und seine Töchter“. Es waren die Programmkinos, die den Film terminierten, der Erfolg lockte dann schnell auch die Mainstreamkinos an. Auf dem Höhepunkt ihrer jeweiligen Nachfrage sind zwischen 600 und 800 Kopien solcher Filme unterwegs, ein „normaler“ Arthaus-Film liegt bei 50 bis maximal 200.
2013 wurden insgesamt 722 Programmkinosäle erfasst. Nordrhein-Westfalen hat mit 144 davon die meisten, die größte Programmkinodichte ist allerdings in den Stadtstaaten zu verzeichnen. Während sich in Berlin 34.000 Einwohner eine Kunstleinwand teilen, sind es beim Schlusslicht Rheinland-Pfalz 190.000. Der relativ kleine Filmkunstmarkt ist also auf dichte Besiedelung und ein eher intellektuelles Publikum angewiesen. Programmkinos in der Provinz sind umso mehr eine Seltenheit.
In 17 Prozent aller Säle realisierten die Programmkinos 12,2 Prozent der Besucher und erwirtschafteten 10,5 Prozent der Umsätze. Die durchschnittlichen Ticketpreise lagen bei mehr als 1 € unter dem Bundesdurchschnitt, und auch der Verkauf von Concessions liegt bei etwa der Hälfte von Multiplexen. Dafür ist das Publikum weiblicher, zehn Jahre älter, treuer und gebildeter als der durchschnittliche Besucher. Es ist das Publikum, das noch ohne Privatfernsehen und Video in seiner Jugend auskam, ganz zu schweigen von den neueren medialen Verlockungen. Die größte Herausforderung für die Programmkinos ist, nicht mit ihrem Publikum auszusterben. Aber die Baby-Boomer sind jetzt Ende 40 und können noch einige Dekaden ins Kino gehen.
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