Außer Atem
Frankreich 1959, Laufzeit: 89 Min.
Regie: Jean-Luc Godard
Darsteller: Jean-Paul Belmondo, Jean Seberg, Van Doude, Liliane David, Claude Mansart, Henri-Jaques Huet
Anarchisch, rebellisch, voller Esprit
Matt513 (258), 23.07.2014
Godards emblematischer Film ist Anarchie. Die Abkehr vom tradierten, als langweilig empfundenen Erzählkino, für die Truffaut sich stark gemacht hatte. Die Emanzipation des Regisseurs vom starren Korsett des Drehbuchs, der Aufbruch zu neuen kreativen Ufern. Die zahllosen Kontinuitätssprünge. Der improvisierte Dreh in der Öffentlichkeit, wovon die vielen in die Kamera stierenden Passanten zeugen. Überhaupt die Handkamera. Die rastlose, sozial unverträgliche Schnodderschnauze Michel, die ständig verbale Schlupflöcher auslotet. Die Halbwelt-Attitüde, für nichts, bloß gemeinsam gegen die Obrigkeit zu sein, vertreten durch die Schnüffler der Gendarmerie. Das Kreisen der Handlung um vermeintlich Belangloses, das Erheben desselben zu einer eigenständigen Kunstform.
Außer Atem wirkt wie ausgeschnitten aus einem anderen Film, beginnt und endet im narrativen Irgendwo und manifestiert doch so deutlich das rebellische Gefühl einer Nachkriegsgeneration, die sich nicht wie ihre Eltern festlegen lassen, sondern vor allem erstmal leben, sich fühlen wollte. Elemente des Film noir sind erkennbar; dabei allerdings ist Michel ein Verlierer, den die Handlung vor sich hertreibt. Es ist auch die Konfrontation alte gegen neue Welt, letztere vertreten durch Patricia, die, obschon sie bereits den Pariser Esprit atmet, noch dem konventionellen Karrierestreben verhaftet ist, im Gegensatz zu Michel, dessen Attitüde nihilistisch geprägt ist, fast die eines europäischen Intellektuellen. Genau durch diese zwei Positionen wird sein Schicksal entschieden. Godard rundet den Film durch Patricias Interview mit dem Schriftsteller, gemimt von Jean-Pierre Melville, einem geistigen Vorbild der Nouvelle Vague.
Der Film berauscht vor allem durch das eingefangene zeitgenössische Lebensgefühl, etwas was das in Teilen vielleicht spannendere Remake für mich schuldig bleibt.
Stillstand in der Großstadt
observer (198), 16.08.2009
Die ersten zehn Minuten sind furios. Belmondo rast mit einem geklauten Auto Richtung Paris, macht sich über Autofahrer, hässliche Anhalter und das Publikum lustig. In Paris trifft er dann auf Patricia, mit der er nach Italien will. Und je mehr er auf das Mädchen setzt, desto langsamer wird sein Leben. Bis er da auf dem Asphalt liegt und sich selbst die Augen schließt. Man könnte jetzt lange darüber philosophieren, was das bedeutet. Ist der Glaube an ein Gegenüber eine Verlangsamung des Lebens? Kann man von der Liebe in der Stadt nicht mehr verlangen als ein paar Bettszenen (wie die Tobereien von Seberg und Belmondo in dem Hotel du Suede am Quai Saint-Michel)? Truffaut hat zum Film und zu seinem Freund Godard geschrieben: "Er war damals bettelarm, hatte gar nichts. Er war wohl der einzige Regisseur, der als Clochard einen Film gedreht hat." Aber was für einen!! Ganz klar in meiner Top 5 aller Zeiten.
einfach ein cooler Film
diehim (53), 25.02.2007
Wer Godard nicht mag oder ihn zu anstrengend findet, sollte sich "Außer Atem" ansehen.
Ein unwiderstehlicher Belmondo, der mit jungenhaften Charme dreist, charmant und liebestoll um Jean Seberg garnt. Dialoge, die von ihrer entrückenden Normalität und unwiderstehlichen Anziehungskraft nichts verloren haben - unterbrochen und garniert mit absurden Szenen oder immer wiederkehrenden Einstellungen, in denen sich Belmondo eine Zigarette anzündet. Einfach cooler Kult.
„Einen Körpertausch würde ich nicht gerne machen“
Jonas Dassler über „Aus meiner Haut“ – Roter Teppich 02/23
Der Geschmack der kleinen Dinge
Start: 9.2.2023
Die Aussprache
Start: 9.2.2023
Wo ist Anne Frank
Start: 23.2.2023
Empire of Light
Start: 2.3.2023
Tár
Start: 2.3.2023
Die Fabelmans
Start: 9.3.2023
The Ordinaries
Start: 30.3.2023
Herbstzeit – Kinozeit
European Arthouse Cinema Day – Festival 11/22
Indiana Jones und der Ruf des Schicksals
Start: 29.6.2023
Barbie
Start: 20.7.2023
Oppenheimer
Start: 20.7.2023
„Ich wollte das damalige Leben erfahrbar machen“
Maggie Peren über „Der Passfälscher“ – Gespräch zum Film 10/22
„Ich brauche die Institution der Ehe nicht“
Iris Berben über „Der Nachname“ – Roter Teppich 10/22
„Ich wollte das Geheimnis seiner Kunst ergründen“
Regina Schilling über „Igor Levit – No Fear“ – Gespräch zum Film 10/22
„Heimat sind für mich meine Familien“
Charly Hübner über „Mittagsstunde“ – Roter Teppich 09/22
„Migration wird uns noch lange beschäftigen“
Louis-Julien Petit über „Die Küchenbrigade“ – Gespräch zum Film 09/22
„Das ist ein Film für die ganze Familie“
Dimitrij Schaad über „Die Känguru-Verschwörung“ – Roter Teppich 08/22
„Die Wüste ist ein dritter Charakter im Film“
Stefan Sarazin über „Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie“ – Gespräch zum Film 08/22
Endlich wieder gemeinsam feiern
Sommer-Branchentreff 2022 in der Wolkenburg – Foyer 06/22
„Ich brauche meine Ordnung und meine Strukturen“
Daniel Sträßer über „Alles in bester Ordnung“ – Roter Teppich 06/22
Feministische Gegennarrative
Das Internationale Frauen* Film Fest kehrt zurück ins Kino – Festival 03/22
Beim Filmemachen zugucken
Das 2. Japanese Film Festival – Festival 02/22
Vom Kleinen zum ganz Großen
„Stranger than Fiction“ traut sich was – Festival 02/22
„Diese Generationenkonflikte kennen viele“
Katharina Marie Schubert über „Das Mädchen mit den goldenen Händen“ – Gespräch zum Film 02/22
Sie sind zur Zeit nicht auf der Website angemeldet.
Melden Sie sich hier an, um einen Beitrag zu schreiben.