Roter Himmel
Deutschland 2023, Laufzeit: 102 Min., FSK 12
Regie: Christian Petzold
Darsteller: Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel
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Leichtfüßiges Drama über den Drang zu leben und zu lieben
Verschwende deine Jugend
„Roter Himmel“ von Christian Petzold
Zwei junge Männer fahren durch einen Wald als ihr Auto stehen bleibt. Ärgerlich, so kurz vor ihrem Ziel: einem Ferienhaus direkt an der Ostsee. Sie gehen zu Fuß weiter, schleppen ihr Gepäck durch das unwegsame Gelände. Einer geht vor, einer bleibt zurück. Die Dämmerung bricht herein, der Wald gibt komische Geräusche von sich – eine Exposition wie in einem Horrorfilm. Doch „Roter Himmel“ ist im weiteren Verlauf hell und licht. Anders als der Vorgänger „Undine“ ist „Roter Himmel“, der neue Film von Christian Petzold, nicht klar einzuordnen. „Undine“ leitete eine an der deutschen Romantik orientierte Trilogie ein, die sich an den Elementargeistern Wasser, Erde und Luft orientiert. Doch nun ist es für den zweiten Teil das Feuer geworden. Denn an der Ostsee steht der trockene Wald in Flammen. Aber das ist nicht das größte Problem der beiden Urlauber Felix und Leon. Auch nicht ihr kaputter Mercedes. Stattdessen müssen sie feststellen, dass in dem Ferienhaus schon jemand wohnt. Nadja, vermeintlich Russin, verbringt hier ihren Sommer. Felix freut sich über die unerwartete Mitbewohnerin und ihren Urlaubsschwarm Devid. Aber den Schriftsteller Leon, der nicht zum Baden, sondern zum Schreiben hierhergekommen ist, nervt das alles: die Leichtigkeit, die Freundlichkeit, die Zugewandtheit der drei und ihre Lebenslust. Er hat keine Zeit dafür, er muss seinen zweiten Roman fertig schreiben. Der Verlagsleiter kommt schon bald, um Korrekturen zu besprechen. Zwischen den Zeilen hört Leon heraus, dass sein neues Werk nicht sonderlich gut ankommt. Also versucht er zu arbeiten und lehnt jedes Freizeitangebot der drei Anderen ab. Doch mit dem Schreiben klappt es auch nicht.
Anders als ursprünglich geplant, wolle er einen Film über die Liebe machen, erzählte Petzold im Frühjahr 2020. Inspiriert von den französischen Sommerfilmen von Eric Rohmer lässt er sich auf eine junge Viererkonstellation ein, in der gerade derjenige, der als Künstler vom Leben inspiriert sein sollte, wie durch eine Wand von den Anderen getrennt ist. Um im Bild zu bleiben: Leon ist ein Miesepeter, wie er im Buche steht. Der verhinderte Schriftsteller versucht aus sich heraus zu schöpfen. Aber was soll er da schöpfen, wenn nichts zu ihm vordringt? Erstaunlich, dass die lebenslustige Nadja trotzdem immer wieder versucht, zu ihn zu erreichen. Paula Beer, die durch Petzolds letzte Filme „Transit“ und „Undine“ (jeweils an der Seite von Franz Rogowski) geisterhaft und ätherisch wandelte, spielt hier mit beeindruckender Charme-Offensive. Nadja steht fest im Leben und versprüht die reinste Lebensfreude. Sie versucht spielerisch, mit leichter Ironie, den abweisenden, im kindlichen Trotz verharrenden Leon (wunderbar zwiegespalten gespielt von Thomas Schubert) aus seiner Verschanzung hervorzulocken. Nicht nur Nadja, sondern der ganze Film wirkt spielerisch und leicht. Das gilt auch für die Bilder von Hans Fromm – er war der Kameramann aller Filme des Regisseurs, doch selten verströmten seine Bilder eine solche Leichtigkeit – sowie für das oft libidinöse Spiel der Protagonist:innen. Auch die gemeinsamen Essen sind spielerisch inszeniert. Und nicht zuletzt die Filmmusik beziehungsweise die Musik im Film – der psychedelische Sommersong „In my mind“ der österreichischen Geschwisterband Wallners oder die Musik von Tarwater, die Nadja auf dem Plattenteller liegen hat – schweben durch die Räume und die Landschaft. Sogar die im Hintergrund lauernden Waldbrände erscheinen zunächst weniger bedrohlich, als man annehmen sollte. Sie erinnern ganz unaufdringlich an den Klimawandel, der nicht nur vor der Tür der Protagonist:innen lauert. Wie Petzold dann auch noch die Diversität unserer Gesellschaft auf allen möglichen Ebenen unaufdringlich in den Film einfließen lässt, würde Leon mit seinen verkrampften Schreibversuchen vor Neid erblassen lassen. Während der schwermütige Leon misstrauisch das Leben der Anderen beobachtet, scheint Petzold während der Pandemie tief ins Leben eingetaucht zu sein, um uns einen solchen Film schenken zu können.
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