Samia
Deutschland, Belgien, Schweden, Italien 2023, Laufzeit: 102 Min., FSK 12
Regie: Yasemin Şamdereli
Darsteller: Ilham Mohamed Osman, Elmi Rashid Elmi, Riyan Roble
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Berührendes Biopic nach einer wahren Begebenheit
Der Angst getrotzt
„Samia“ von Yasemin Şamdereli
Es beginnt mit Dokumentaraufnahmen aus jenen Jahren, in denen Somalia nach seiner Unabhängigkeit (1960) durch einen Militärputsch von 1969-1989 unter dem Offizier Said Barre zur Diktatur wurde und danach in einen Splitterstaat auseinanderbrach, in dem mehrere Gruppierungen um die Macht kämpften. Dann weitet sich das Bild zu einem Spielfilm-Breitwandformat und wir sehen eine junge Frau beim Start eines Sprinterinnen-Wettbewerbs. Es ist die 1991 geborene Samia Yusuf Omar, die als einzige Sportlerin aus Somalia 2008 an den Olympischen Sommerspielen in Peking teilnahm und über 200m startete. Sie wurde Letzte – und setzte sich ein neues Ziel: London 2012. Doch dieser Traum endete im Mittelmeer, in dem sie 2012 auf ihrer Flucht nach Europa ertrank.
Zwischen mehreren Zeitebenen hin- und herspringend erzählt Yasemin Şamdereli – basierend auf dem Bestseller „Sag nicht, dass du Angst hast“ von Giuseppe Catozzella – die Geschichte der in ärmlichen Verhältnissen in Mogadischu aufwachsenden Samia. Schon früh verschreibt sie sich dem Laufen, läuft bald schneller als ihr Schulfreund Ali und gewinnt sogar den jährlich stattfindenden Stadtlauf.
Yasemin Şamdereli hat nach „Almanya – Willkommen in Deutschland“ (2010) wieder ein kleines Meisterwerk geschaffen. Nur, dass sie diesmal nicht die Form der Komödie gewählt hat, sondern ein Drama erzählt. Durchwoben von den stimmungsvollen Landschaftspanoramen des Kameramannes Florian Berutti zeichnet die Regisseurin dazu ein präzises Bild der Lebensumstände von Samias Familie und der politischen Lage im Land. Schon zu Hause hat Samia mit ihrem Traum keinen leichten Stand: Die Mutter würde sie am liebsten nicht vor die Tür lassen, ihr älterer Bruder rät ihr vom Trainieren ab und nur der Vater stärkt ihr den Rücken.
In kleinen, nie dramaturgisch hochgeputschten Szenen schildert Şamdereli so ganz nebenbei vom Terror der islamistischen Terroristen: Samia wird von halbwüchsigen, schwer bewaffneten Nachbarsjungen verwarnt, nicht in Trainingshosen herumzulaufen und sogar Männer werden von den Milizionären misshandelt, wenn sie auf dem Markt an ihrem Stand Musik aus dem Radio hören. Und natürlich herrscht Hijab-Zwang.
Von all den Repressalien lässt sich Samia nicht entmutigen. Ihr Optimismus überträgt sich auf den Zuschauer, der stets mitfühlen kann. Wozu auch die beiden Darstellerinnen Samias – Riyan Robl als 9-jährige und Ilham Mohamed Osman als junge Frau – mit ihrem authentischen Spiel beitragen, das dem Film einen nachhaltigen, berührenden Stempel aufdrückt.
Und dann wieder jene eindringlichen, wie aus dem Nichts eingeschnittenen Szenen, wenn Samia und die anderen Flüchtlinge von den Schleusern in ein lybisches Gefängnis „umgeleitet“ werden, wo sie „abgezogen“ werden. Oder als auf dem Mittelmeer ihr Boot manövrierunfähig wird, ein vorbeifahrendes Schiff aber nicht zur Hilfe eilt. Es ist der Moment von Samias alptraumhaft inszeniertem Ertrinken, das sie noch einmal auf poetische Weise in ihre glückliche Kindheit zurückholt, wo Träume noch wahr wurden.
(Rolf-Ruediger Hamacher)
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