Dermaßen stark wie in diesem Jahr wurde über die Adolf-Grimme-Preise selten im Vorfeld öffentlich diskutiert. Stein des Anstoßes war die Veröffentlichung der diesjährigen Nominierungen zum renommierten deutschen Fernsehpreis Anfang des Jahres, die auch die Dschungelcamp-Show „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ als potenziellen Sieger präsentierte. Das Medienecho war gigantisch, so dass sich schließlich Uwe Kammann, Direktor des Grimme-Instituts, bemüßigt sah, in einem offenen Brief auf die Entscheidungen der Kommission und die Richtigkeit der Nominierung der Reality-Show im Segment Unterhaltung einzugehen. Das Dschungelcamp sei „nicht nur ein programmliches, sondern auch ein gesellschaftliches und ein individuelles Phänomen, bei einem sehr gemischten, zu einem Drittel akademisch gebildeten Publikum.“ Man würde hier keinesfalls vor der Quote katzbuckeln und hätte auch nicht „aus Lust an der zu erwartenden Kontroverse“ so entschieden. Unterhaltung sei eben mehr als alles andere von individuellen Einstellungen abhängig und auch einem tief greifenden gesellschaftlichen Wertewandel unterworfen.
Bei der Verleihung der diesjährigen Grimme-Preise am 12. April in Marl ging das „Dschungelcamp“ dann leer aus, vielmehr dominierten einmal mehr die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit ihren Produktionen die Siegerliste. Von den zwölf Hauptpreisen gingen 2013 nur zwei an Privatfernsehsender. Der TNT-Serie „Add a Friend“ von Tobi Baumann („Der Wixxer“) wurde in der Kategorie Fiktion eine Auszeichnung zuerkannt, der zweite nicht öffentlich-rechtliche Preis ging in der Sparte Unterhaltung an das „Wetten dass…?“-Spezial der Pro7-Comedy-Serie „Switch Reloaded“. Schon zum Presseempfang am Nachmittag waren etliche der Preisträger im Marler Rathaus anwesend, wo sich Comedian Max Giermann vor der Fotowand mit dem „Switch Reloaded“-Autoren Martin Brindöpke einen inszenierten Kampf um die begehrte Auszeichnung lieferte.
Die restlichen zehn Hauptpreise des Abends teilten sich ZDF, arte sowie die verschiedenen Regionalsender der ARD wie WDR, NDR und BR untereinander auf. Insbesondere im Bereich Information scheint die Vormachtstellung der gebührenfinanzierten Sender ungebrochen. Zu den Siegern zählt hier u.a. Bettina Braun, die für ihre z.T. in Köln gedrehte Langzeitstudie „Was lebst du?“/“Was du willst“/“Wo stehst du?“ prämiert wurde. Aber auch im Bereich Fiktion hatten ARD und ZDF wieder die Nase vorn. Zu den besten Produktionen des zurückliegenden Jahres wählte die Jury u.a. die Uwe-Tellkamp-Verfilmung „Der Turm“ von Christian Schwochow mit Jan Josef Liefers oder den auf realen Ereignissen basierenden Fernsehfilm „Der Fall Jakob von Metzler“ von Stephan Wagner mit Robert Atzorn in der Hauptrolle. Regisseur Matti Geschonneck wurde am Abend direkt doppelt geehrt, weil ihm neben dem Ehrenpreis für seine Verdienste um das deutsche Fernsehen auch ein Grimme-Preis für den ZDF-Fernsehfilm „Das Ende einer Nacht“ zugesprochen wurde. Seine gleichfalls ausgezeichnete Hauptdarstellerin Barbara Auer merkte beim Presseempfang an: „Dass der Film toll wird, merkte man schon beim Drehen. Aber dass er nun diese Anerkennung erfährt, ist schon etwas Besonderes.“
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Göttliche Perspektiven
Zwischen Bildungsdschihad und digitaler Verantwortung: Grimme Online Award – Spezial 07/17
Cinephilie oder Wirtschaftlichkeit
Verleihung des Preises der Deutschen Filmkritik auf der Berlinale – Festival 02/15
Jubiläum eines Qualitätssiegels
Zum 50. Mal wurden die Adolf-Grimme-Preise verliehen – Foyer 04/14
Doppelsieg für polnischen Film
Auf der Berlinale wurden die schwul-lesbischen Teddys verliehen – Kino 02/13
Kritikerlieblinge des Vorjahres
Die Preise der Deutschen Filmkritik 2012 sind vergeben – Kino 02/13
Aus meiner Haut
Start: 2.2.2023
Die Frau im Nebel
Start: 2.2.2023
Der Geschmack der kleinen Dinge
Start: 9.2.2023
Die Aussprache
Start: 9.2.2023
Wo ist Anne Frank
Start: 23.2.2023
Empire of Light
Start: 2.3.2023
Tár
Start: 2.3.2023
Die Fabelmans
Start: 9.3.2023
The Ordinaries
Start: 30.3.2023
Herbstzeit – Kinozeit
European Arthouse Cinema Day – Festival 11/22
Indiana Jones und der Ruf des Schicksals
Start: 29.6.2023
Barbie
Start: 20.7.2023
Oppenheimer
Start: 20.7.2023
„Ich wollte das damalige Leben erfahrbar machen“
Maggie Peren über „Der Passfälscher“ – Gespräch zum Film 10/22
„Ich brauche die Institution der Ehe nicht“
Iris Berben über „Der Nachname“ – Roter Teppich 10/22
„Ich wollte das Geheimnis seiner Kunst ergründen“
Regina Schilling über „Igor Levit – No Fear“ – Gespräch zum Film 10/22
„Heimat sind für mich meine Familien“
Charly Hübner über „Mittagsstunde“ – Roter Teppich 09/22
„Migration wird uns noch lange beschäftigen“
Louis-Julien Petit über „Die Küchenbrigade“ – Gespräch zum Film 09/22
„Das ist ein Film für die ganze Familie“
Dimitrij Schaad über „Die Känguru-Verschwörung“ – Roter Teppich 08/22
„Die Wüste ist ein dritter Charakter im Film“
Stefan Sarazin über „Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie“ – Gespräch zum Film 08/22