Der Geruch eines abgebrannten Streichholzes hängt in der Luft. Eine Kerze, sowie einige wenige andere Lichter, tauchen den etwa fünfzig Personen fassenden Raum in ein sanftes Licht. Um lyrische Texte, Geschichten für Kinder und Kindergeschichten auch für Erwachsene soll es an diesem Abend gehen – nur das an diesem Abend keine Kinder da sind. Kein Problem für die Wuppertaler Autorin – sie liest genauso gern auch für die Erwachsenen: „Jeder hat ein Kind in seinem Herzen.“
Zunächst spürt Christina Häuschen-Ries in ihren Texten für Kinder der Sprache nach. Sie erzählt von einem Buchstabentaucher, der sich die Buchstaben aus dem Papier fischt, sodass schließlich Sätze oder sprachliche Bilder entstehen. Von „Plotz“ und „Lich“, und das „Plotz“ erst mit „zwei Ohren“ und gemeinsam mit „Lich“ vor einem Spiegel vollkommen ist. Mit viel Hingabe spricht sie über eine Giraffe und einen Jungen, die gemeinsam „Merkwürdiges“ erleben.
Zusammen mit Sebastian Kopietzki, der sie mit warmer Gitarrenmusik begleitet, entsteht so eine heimelige Atmosphäre. Zu hören ist eine erfrischende Mischung aus Kindergeschichten, die auch Erwachsene einladen, die Welt einmal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Mit warmer Stimme nimmt Christiane Häuschen Ries ihre Zuhörer mit auf die Reise zurück in die eigene Kindheit – oder auch einmal quer durch Wuppertal.
Dornröschen einmal anders
Ihren Wuppertaler Kinderdetektivroman hat sie mit sehr viel Lokalkolorit versehen. Die Müngstener Brücke und die Wuppertaler Originale Minna Knallenfels und Zuckerfritz spielen eine wichtige Rolle. Die zwei Kinder Siggi und Kalle suchen Emma die Lokomotive, die während der Proben für „Jim Knopf und der Lokomotivführer“ einfach verschwunden ist. Dabei lernen sie auch „Peer Haps“, den „Meister aus dem weißen Nebel" kennen. Auch eine spannende Verfolgungsjagd entlang der Wupper ist Bestandteil ihres Romans.
Im zweiten Teil der Lesung schlägt Christiane Häuschen-Ries ernstere Töne an. Sie präsentiert lyrische Texte für Erwachsene, bastelt aus Redewendungen, Sprichwörtern und Redensarten Gedichte. Sie spricht über Politisches und Gesellschaftskritisches, liefert mit dem „Fisch im Baum“ und der „Märchenfalle“ - eine moderne Dornröschen Interpretation - märchenhaft poetische Geschichten. Mit „Herr Sieben“ liest Christina Häuschen-Ries eine komisch-absurde Geschichte, die besonders das lachende Publikum erheitert.
„Der Applaus hat mich verblüfft“, sagt sie dann auch zum Abschied und freut sich. Als kleine Zugabe packt sie sodann noch einen Text oben drauf: „Vom Sinn der Freude.“
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