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Mit Känguru unterwegs: Dimitrij Schaad und die CGI-Figur aus „Die Känguru-Verschwörung“
Foto: Presse

„Das ist ein Film für die ganze Familie“

25. Juli 2022

Dimitrij Schaad über „Die Känguru-Verschwörung“ – Roter Teppich 08/22

Dimitrij Schaad wurde 1985 in Kasachstan geboren und lebt seit 1993 in Deutschland. Seine Schauspielausbildung absolvierte er an der Bayerischen Theaterakademie August Everding und der Theaterakademie St. Petersburg. Sechs Jahre lang war er Ensemblemitglied am Maxim-Gorki-Theater in Berlin, übernahm parallel bereits Film- und Fernsehrollen, u.a. in „Asphaltgorillas“, der Streaming-Serie „Das Boot“ oder in „JGA: Jasmin. Gina. Anna.“. Nach seiner Hauptrolle in „Die Känguru-Chroniken“ ist er nun für „Die Känguru-Verschwörung“ zum zweiten Mal in die Rolle Marc-Uwe Klings geschlüpft. Der Kinofilm startet am 25. August.

engels: Herr Schaad, Marc-Uwe Kling war auch schon stark in den ersten Känguru-Film involviert. Hat sich denn im zweiten Film für Sie viel geändert, nachdem er nun auch die Regie übernommen hat?

Dimitrij Schaad: Für mich hat sich eigentlich nur geändert, dass ich mich extrem sicher und wohl gefühlt habe, aufgrund der Tatsache, dass Marc da war. Ich habe das große Glück, nun schon ein paar Jahre mit ihm befreundet zu sein und regelmäßig Zeit mit ihm zu verbringen. Er ist nicht nur der Schöpfer des ganzen Känguru-Kosmos, sondern auch selbst ein sensationeller Performer. Wenn er bei einer seiner Lesungen neues Material ausprobiert, streicht er anschließend im Green-Room ganz radikal Sachen, die nicht funktioniert haben. Er ist extrem streng seinen eigenen Texten gegenüber – das ist bei einem Autor eine gar nicht hoch genug einzuschätzende Eigenschaft! Genauso geht er auch mit dem Drehbuch um. Wenn Marc sagt, dass etwas lustig war, dann kann ich mir auch sicher sein, dass das so ist, denn wenn nicht, dann wäre er der erste, der es rausschmeißt. Das gibt mir wahnsinnig großes Vertrauen. Aber auch zu allen anderen Beteiligten am Set war er immer ruhig und liebevoll. Er hat wirklich eine Zen-artige Ruhe, die ich niemandem zugetraut hätte, der zum ersten Mal einen solchen Big-Budget-Film stemmen und 170 Entscheidungen am Tag treffen muss, wobei Entscheidungen am Set meistens bedeutet, das Geringere aus mehreren Übeln zu wählen, deren kostspielige Konsequenzen sich noch gar nicht wirklich abschätzen lassen.

Nun spielen Sie im Film auch noch eine Figur, die nach Marc-Uwe Kling benannt ist. Da könnte ich mir vorstellen, dass er sehr genaue Vorstellungen hat, wie diese auszusehen hat…

Eigentlich gar nicht so sehr. Wir haben nie darüber gesprochen, wie er die Figur sieht, weil er mein Angebot der Figur ja aus einem sehr, sehr großen Pool an Schauspielern für den ersten Teil ausgewählt hat. Ich habe ihn neulich gefragt, ob es für ihn merkwürdig war, jemanden am Set zu haben, der Marc-Uwe spielt. Darauf sagte er, dass die Figur nun schon so lange im Umlauf ist, dass sie eigentlich nur noch seinen Namen trage und nichts mehr mit ihm gemein habe. Er hat zu meiner Darstellung eine genau so gesunde Distanz wie zu der Marc-Uwe-Version in den Känguru-Comics bei Zeit online. Deswegen hatte ich da eine große Freiheit, aber auch gleichzeitig den Benefit, dass ich ihn immer fragen konnte, wie er einen Satz aussprechen würde, was er mir dann einfach vorgemacht hat – da kommen wir wieder zurück auf den sensationellen Performer, der Marc eben auch ist. Ich konnte dabei das Beste aus allen Welten mitnehmen.

Ihr Hauptgesprächspartner, das Känguru, wurde erst nachträglich im Computer in den Film eingearbeitet. Mussten Sie da häufig in den luftleeren Raum spielen oder gab es ein Motion-Capture-Verfahren, bei dem Sie immerhin einen Anspielpartner hatten?

Normalerweise wurde das im Motion-Capture-Verfahren gemacht, da war das der Schauspieler Volker Zack, der den Motion-Capturing-Anzug anhatte und das Känguru sprach, Requisiten hielt und mit mir interagierte. Aber Volker Zack hat im Film auch die Figur des Heinz gespielt, und immer dann hat den Känguru-Part Fabian Baecker übernommen. Und zuletzt gab es noch Stuntman Mike, der die Statur Volker Zacks besitzt und die Stunteinlagen des Kängurus übernommen hat. In diesen Fällen hatte ich immer einen Anspielpartner. Die Schwierigkeit bei diesem Film war, dass wir sehr viele Verkehrsmittel hatten – ein Bienenmobil, ein Prototyp für ein solarbetriebenes Auto, ein Zug und eine Draisine. Und in diesen Verkehrsmitteln konnte man das Motion-Capturing-Verfahren aus technischen Gründen zum Teil nicht anwenden. Deswegen musste ich diese Szenen wirklich in den leeren Raum spielen mit der zusätzlichen Schwierigkeit, dass hier nicht einmal jemand in meiner Nähe sitzen konnte, um mir die Sätze des Kängurus einzusagen. Das waren wirklich extrem herausfordernde Szenen.

Der Film steckt wieder voller Anspielungen und Parodien. Hat Ihnen Marc-Uwe Kling im Vorfeld die Originale zum Studieren gezeigt?

Da ich ja durch und durch Film- und Fernsehkind bin, kannte ich den Zitatenschatz insgesamt recht gut. Ich habe mir natürlich trotzdem zur Sicherheit bestimmte Dinge nochmal genau angeschaut, und wir haben uns dann auch darüber unterhalten. Der Film steckt wirklich voller Anspielungen auf das Filmemachen an sich, und das Drehbuch war noch viel voller davon. Einige dieser Meta-Kommentare sind dann Schritt für Schritt rausgenommen worden. Echte Cineasten werden dann vermutlich noch mehr zu lachen haben, wenn die erste Fassung des Drehbuchs irgendwann einmal veröffentlicht wird.

Vermutlich war es für Sie besonders reizvoll, in einer Szene des Films in die Rolle des Dark Uwe zu schlüpfen…

Ja! Absolut, das war ganz toll. Eigentlich hätte ich den gar nicht spielen sollen, sondern natürlich Daniel Brühl. In den Büchern wird sich ja darüber lustig gemacht, dass er so omnipräsent ist. Deswegen war er hier die erste Wahl. Er hätte es auch gemacht, wenn es zu der Zeit bei dessen eigenem Dreh nicht zu einem Corona-Fall gekommen wäre. Und so habe ich mich darüber gefreut, den Dark Uwe mit einer Batman-Stimme spielen zu können (lacht).

Die politische Rechte und die Querdenker stehen hier im Zentrum des Spotts. Vermutlich wird aber kaum einer von ihnen, wenn sie den Film überhaupt schauen, sich zu einem Umdenken inspirieren lassen, oder?

Nein, das denke ich auch nicht. Aber da verlangt man von einem Kunst- und Unterhaltungsprodukt vielleicht auch zu viel, wenn man glaubt, dass sie Menschen auch noch zu einem Umdenken bekehren könnten. Ich glaube kaum, dass es in der Menschheitsgeschichte einen Roman, einen Film oder einen Song gibt, der Menschen zum radikalen Umdenken gebracht hat. Dieses Wunschdenken hat man vielleicht, wenn man mit der Kulturlandschaft so verbunden ist und den ganzen Tag darin zubringt. Ich sehe das ganz ähnlich wie Marc-Uwe: Zumindest die Leute, die kurz davor sind, in den Kaninchenbau zu springen, kann man vielleicht mit diesem Film noch erreichen und dadurch verhindern, dass sie ganz reinfallen. Da es ein Film für die ganze Familie ist, kann ich mir schon gut vorstellen, dass der Kinobesuch da ein Anlass sein kann, miteinander ins Gespräch zu kommen, wenn einer in der Verwandtschaft solche Tendenzen entwickelt.

Es ist witzig, wie respektlos der Film beispielsweise auch mit der Bahn oder der Bundeswehr umgeht. Gibt es für Sie noch althergebrachte Institutionen, denen man heute noch mit Respekt begegnen kann?

Am ehesten noch aus Wissenschaftsbereichen vielleicht, theoretische Astrophysik oder so. Auch ein Nobelpreisträger hätte bei mir grundsätzlich sehr viel Autorität, egal, welchen Nobelpreis er oder sie bekommen hat (lacht). Ansonsten fällt mir aber auch nichts mehr ein (lacht).

Vor dem ersten Känguru-Film waren Sie in erster Linie Theaterschauspieler und -autor. Hat sich nun ein extremer Popularitätsschub abgezeichnet, seit Sie Teil dieses Franchises geworden sind?

Ja, das war natürlich meine Initiationszündung für eine Karriere im Film und Fernsehen. Mittlerweile werden mir einfach Drehbücher zugeschickt, in denen ich die Hauptrolle übernehmen kann, wenn ich möchte. Ich befinde mich in dem unvorstellbar großen schauspielerischen Glückszustand, „nein“ sagen zu können zu Projekten, und dass ich mehr Angebote bekomme, als ich Zeit habe anzunehmen. Das ist toll. Und ich versuche mich noch breiter aufzustellen. Die Lockdownzeit habe ich zum Beispiel genutzt, um insgesamt drei Serienkonzepte zu schreiben, eines davon wird hoffentlich im nächsten Jahr gedreht mit mir als Head-Autor der Serie und in der Hauptrolle. Ich habe das Drehbuch für den Debütfilm meines Bruders Alex zu Ende geschrieben, der genau wie die Känguru Verschwörung vom X Verleih nächstes Jahr in die Kinos gebracht wird. Er heißt „Aus meiner Haut“ und ist ein Science-Fiction-Liebesfilm mit Jonas Dassler, Mala Emde, Maryam Zarée, Edgar Selge und mir in den Hauptrollen. Am 19. August startet bei Netflix die Serie „Kleo“, in der ich die männliche Hauptrolle neben Jella Haase spiele. Insofern bekomme ich nun Anfragen aus sehr unterschiedlichen Bereichen und mit sehr unterschiedlichen Anforderungen an Rollen, was ich sehr genieße.

Kleo“ ist nach „Das Boot“ und „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ ein weiterer Auftritt von Ihnen in einer High-End-Streamingserie. Ist die Produktion deutlich anders als die eines Kinofilms?

Ich rechne als Schauspieler immer in Vorstoppzeit, die man auf dem Zettel hat. Also die Anzahl der Filmminuten, die an einem Drehtag gefilmt werden. Bei der „Känguru-Verschwörung“ hatten wir meist eine Vorstoppzeit von zwei Minuten am Tag, bei „Kleo“ lag diese ungefähr bei fünf bis sechs Minuten am Tag. Man muss also Sachen schneller drehen, hat weniger Zeit, muss auf bestimmte Dinge verzichten. Warum sehen amerikanische Filme zum Teil einfach besser aus, obwohl sie mit dem gleichen Equipment gedreht werden? Weil sie mehr Zeit zum Ausleuchten und richtigen Einrichten einer Szene haben! Das hat bestimmte Vor- und Nachteile. Natürlich ist es ein Vorteil, eine anderthalbminütige Szene vierzig Mal am Tag zu drehen, bis sie wirklich perfekt ist. Andererseits wird sie einem dann auch irgendwann langweilig, spätestens nach der Mittagspause (lacht). Ein weiterer Vorteil besteht darin, wenn man drei Szenen, die jeweils zwei Minuten lang sind, an einem Tag dreht, weil man dann sehr schnell hineinspringen und gut funktionieren muss, und sie dann loslassen kann. Das funktioniert aber nur dann gut, wenn die Szenen wie geschmiert laufen. Das wird aber zum Verhängnis, wenn es noch bestimmte Schwierigkeiten gibt, die man noch lösen muss, die entweder mit dem Drehort oder mit dem Text zu tun haben. Da ackert man sich dann ab. Ich bin sehr froh, dass ich mit „Känguru“ und „Kleo“ in beiden Bereichen nur die positivsten Erfahrungen habe machen dürfen.

Frank Brenner

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