Fliegende Liebende
Spanien 2013, Laufzeit: 91 Min., FSK 16
Regie: Pedro Almodóvar
Darsteller: Javier Cámara, Carlos Areces, Raúl Arévalo
>> www.almodovar.de
Knallbunte Satire
Saftschubsen
„Fliegende Liebende“ von Pedro Almodóvar
Es genügt schon, einen Blick auf das poppige Plakat zu werfen oder den schrillen Trailer zum Film anzusehen, um zu erahnen, dass der gefeierte spanische Regisseur und Oscar-Preisträger Pedro Almodóvar mit seinem zwanzigsten Film „Fliegende Liebende“ wieder zu seinen Wurzeln in den 80er Jahren zurückgekehrt ist. Auch der Vorspann des Films selbst lässt dann keine Zweifel mehr offen, dass es bei dieser Flugreise-Satire wesentlich ausgelassener und schriller zugehen wird als in Almodóvars vorangegangenem Film, der kühlen Horrorhommage „Die Haut, in der ich wohne“. Damals hatte das spanische Enfant terrible zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder mit seiner Entdeckung, Antonio Banderas, zusammengearbeitet, der nun auch hier wieder, genau wie die Almodóvar-Muse Penélope Cruz, einen witzigen Gastauftritt hat. Die beiden Stars gehören allerdings zum Bodenpersonal, was ihren Auftritt in einem Film, der zu weiten Teilen an Bord eines in der Luft befindlichen Flugzeugs spielt, von Natur aus begrenzt.
In der Luft nehmen dann die üblichen Kabbeleien ihren Lauf. Die drei Flugbegleiter sind allesamt schwul und trotz ihrer maßlos übertriebenen Eigenarten überaus liebenswert und fungieren als Sympathieträger des Films. Die sexuelle Orientierung von Pilot und Co-Pilot wird im Laufe der Handlung ausgiebig thematisiert, zumal man sich schon kurz nach Abflug dazu entscheidet, die Wirklichkeit mit Hilfe von reichlichem Alkoholkonsum und Drogen auszuschalten, und im gleichen Atemzug auch überaus gesprächig und indiskret wird. Die Reisenden der Economy Class werden weitgehend ausgeblendet, weil sie sich mittels Beruhigungsmitteln schon längst im Tiefschlaf befinden. Unter den Reisenden der Business Class entspinnen sich dafür umso absurdere Beziehungsgeflechte, die von Almodóvar auf die ihm eigene unverblümte und keine Tabus scheuende Weise ausgeschlachtet werden.
Mit der Realität hat das sehr bald nicht mehr allzu viel zu tun, aber auch darauf wird man schon im Vorspann in großen Lettern hingewiesen. Wer jetzt aber hinter „Fliegende Liebende“ nur eine anspruchslose Neuauflage der Frühwerke „Labyrinth der Leidenschaften“ oder „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ vermutet, liegt weit daneben. Dieser Film, so schrill und überdreht er auch vordergründig sein mag, ist ein unterschwellig sehr subtiler Kommentar auf die derzeitige Wirtschaftssituation in Spanien, auf millionenschwere Geschäftspleiten und die Doppelmoral von Politik und Industrie. In seinen absurden Auswüchsen ist das mittlerweile auch problemlos auf die Situation in anderen Ländern, wie beispielsweise Deutschland, übertragbar. Und selbst, wenn man diese Anspielungen nicht entdeckt, ist Almodóvar hier ein wesentlich kurzweiligerer Film als „Die Haut, in der ich wohne“ gelungen, bei dem man spätestens bei der Playbackchoreografie der drei Flugbegleiter aus dem Lachen nicht mehr herauskommen wird.
(Frank Brenner)
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