So glücklich war ich noch nie
D 2009, Laufzeit: 94 Min., FSK 12
Regie: Alexander Adolph
Darsteller: Devid Striesow, Thomas Thieme, Nadja Uhl, Christian Kahrmann, Stephan Grossmann, Nadine Wrietz, Florian Martens
Frank kann eine lange Karriere als Betrüger vorweisen und kommt gerade nicht das erste Mal aus dem Knast. Dieses Mal will er aber anständig bleiben.
Frank kommt nach dem Knastaufenthalt bei seinem Bruder unter und versucht sich als Putzkraft. Dem pathologischen Betrüger, der sich spielend in andere hineinversetzt und ihnen ihre Wünsche verkauft, reicht das aber nicht. Zu sehr braucht er selber die Welten, die er anderen vorgaukelt. Und so steigt er schnell wieder zum großspurigen Geschäftsmann auf, der er doch eigentlich gar nicht ist. Aber nur so kann er seinem Schwarm Tanja, lebensecht von Nadja Uhl gespielt, imponieren. An der filmischen Umsetzung kann man sicher ein paar Details monieren. So wirkt die Bildgebung recht gewöhnlich, und auch die Konstruktion der Story ist sehr lehrbuchhaft. Das macht aber die faszinierende Hauptfigur und vor allem ihre Interpretation durch Devid Striesow, sicherlich einer der besten Darsteller hierzulande, mehr als wett.
Gespräch zum Film "So glücklich war ich noch nie"
Alexander Adolph, Jahrgang '65, studierte zunächst Rechtswissenschaften. Danach arbeitete er als freier Autor, Journalist und Regisseur. Bereits sein Kinodebüt beschäftigte sich wie sein aktueller Spielfilm mit dem Thema der Hochstapelei.
choices: Herr Adolph, wie kamen Sie darauf, sich dem Thema der Hochstapler nach ihrem Dokumentarfilm „Die Hochstapler“ nochmals, dieses Mal in der Form eines Spielfilms, anzunehmen?
Alexander Adolph: Hochstapelei, Betrug im Speziellen und das Lügen im Allgemeinen haben mich immer schon beschäftigt. Bevor ich mit dem Dokumentarfilm angefangen habe, hatte ich schon erste Skizzen zum Spielfilm „So glücklich war ich noch nie“ gemacht.
choices: Sie konnten sich dann nach ihrem Dokumentarfilm wahrscheinlich jede weitere Recherche zum Thema sparen ...?
Alexander Adolph: Für den Dokumentarfilm habe ich wirklich sehr viele – vor allem straffällige – Betrüger getroffen. Für „So glücklich ...“ hatte ich noch mal eigene Recherchen angestellt. Das waren vor allem Interviews mit Leuten aus dem Rotlichtmilieu.
choices: Wo lagen die speziellen Probleme, ihre Erkenntnisse aus dem Dokumentarfilm in einen Spielfilm zu übertragen?
Alexander Adolph: Die Übertragung erfolgte sehr frei, denn die Geschichte von „So glücklich ...“ hat mit dem Dokumentarfilm nichts zu tun. Dafür habe ich bei der Arbeit am Dokumentarfilm gelernt, wie bestimmte psychologische Abläufe funktionieren – etwa wie man jemandem etwas aufschwatzt oder welches Selbstbild einem hilft, die Persönlichkeit zu wechseln. Das war sehr hilfreich für die Arbeit mit dem Hauptdarsteller Devid Striesow.
choices: Für Devid Striesow ist der Film eine Tour de Force. Er muss nicht nur die stark unterschiedlichen Gemütszustände des Protagonisten treffen, sondern regelrecht mehrere Figuren spielen, wenn Frank in die unterschiedlichsten Rollen schlüpft. Wie konnten Sie mit ihm das psychologische Kaleidoskop der Figur einfangen?
Alexander Adolph: Wir haben uns vor den Dreharbeiten getroffen und über unser Thema geredet, da hat auch der Dokumentarfilm eine wichtige Rolle gespielt. Und dann glaube ich, dass die Idee des Hochstapelns, um die es im Film geht, auch sehr viele Parallelen zur Schauspielerei aufweist. Beides kann für den, der es ausübt, eine sehr große therapeutische Kraft entwickeln. Mit unterschiedlichen Konsequenzen natürlich.
choices: Frank scheint eine genaue Mischung aus den vier Portraitierten des Dokumentarfilms zu sein. Ging das immer alles zusammen, oder gab es auch Aspekte, die sich widersprachen und daher gestrichen werden mussten?
Alexander Adolph: Ein direktes Vorbild für die Figur Frank war keiner der vier Protagonisten aus dem Dokumentarfilm. Das hätte ich als Kannibalismus empfunden, als fiktionale Ausbeutung und vor allem Bewertung der vier Männer, die mir Interviews gegeben haben. Interessant waren für mich eher jene Wesenszüge, welche viele Hochstapler gemeinsam haben – daran habe ich mit Devid Striesow angeknüpft. Es ist natürlich auch so, dass den Menschen vor allem die Widersprüche ausmachen.
choices: Sie haben bislang einen Dokumentar- und einen Spielfilm gedreht. Was liegt Ihnen mehr?
Alexander Adolph: Eigentlich komme ich ja von der Fiktion. Aber mir macht das Erzählen über Menschen sehr viel Spaß, und das kann man im Dokumentar- und Spielfilm gleichermaßen.
(Rezension und Interview: Christian Meyer)
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