Frankreich gilt schon immer als ein Land des filmbegeisterten Publikums. Obwohl dort etwa 20 Millionen weniger Menschen leben, verkaufen die Kinos in unserem Nachbarland etwa 90 Millionen Tickets mehr als die hiesigen. Doch auch dort wendet sich die Jugend zugunsten anderer medialer Beschäftigungen immer mehr vom Kino ab. Grund genug für eine staatliche wie filmpolitische Initiative, um die Nachfrage anzukurbeln und somit für den Fortbestand des Publikums zu sorgen.
Das Experiment begann im Januar 2014 und beinhaltete ein Abkommen zwischen Politik und Filmwirtschaft, indem die Senkung der Mehrwertsteuer von 7 % auf 5,5 % mit dem Zugeständnis erkauft wurde, dass alle Besucher bis zum 14. Lebensjahr einen Einheitspreis von 4€ pro Kinoticket zu bezahlen haben. Dieser Preis galt für alle Kinos zu jeder Zeit für jeden Film. Ziel der Maßnahme war es, die Reichweite und die Besuchsfrequenz des jungen Publikums zu erhöhen, um eine Sozialisierung zum Kinogänger zu bewirken. Das Pendant zur FFA (CNC) hat nun einen beeindruckenden Bericht für das erste Halbjahr 2014 vorgelegt.
Als ersten Effekt kann man festhalten, dass Frankreich im Jahr 2014 eines der wenigen Länder war, das überhaupt einen Besuchszuwachs erzielen konnte. Nahezu alle anderen Länder – so auch Deutschland – mussten zum Teil dramatisch schlechte Besucherzahlen hinnehmen. Bei genauerer Analyse des französischen Besuchs zeigt sich, dass sowohl die Altersgruppe bis einschließlich 14 Jahre als auch die dazugehörige Elterngeneration die stärksten Wachstumsraten aufwiesen.
So wurde beispielsweise in der begünstigten Altersgruppe ein Wachstum von über 17 % erzielt. Wird das Alter noch etwas genauer differenziert, so zeigt sich, dass die 6- bis 10-Jährigen über 32 % mehr Tickets kauften, hingegen die 11- bis14-Jährigen knapp 3 % zulegten. Es sind also vor allem Eltern, die aufgrund der Vergünstigungen ihr Kind häufiger zu einem Kinobesuch einladen. Sobald das Publikum ein Alter erreicht, in dem eigenständige Kinobesuche zunehmen, sind die Effekte deutlich kleiner. Ein weiterer Effekt ist die Frequenzzunahme. Insgesamt lässt sich festhalten, dass der auch auf einer breiten Ebene kommunizierte günstige Eintrittspreis mehr junge Menschen ins Kino gelockt hat und aus gelegentlichen Besuchern Stammkunden machte. Insgesamt profitierten 2,6 Millionen Kinobesucher von der Aktion.
Die zunächst von den Kinos befürchtete Senkung des durchschnittlichen Eintrittspreises trat durch die Steuerreduzierung nicht ein. Der Nettoerlös pro Besucher konnte sogar leicht gesteigerten werden, was aber auch an der generellen Preissteigerung in allen anderen Preisgruppen lag. Es wundert nicht, dass das Publikum diese Initiative sehr schätzte. Begleitet durch eine breit angelegte Kampagne war die Aktion nicht nur bei der Hälfte der Bevölkerung bekannt, sondern auch die Klarheit und die Transparenz der Preise wurden gutgeheißen.
Da auch in Deutschland das junge Publikum an das Kino herangeführt werden muss, lohnt sich eine intensive Prüfung der Übertragbarkeit aus der Grande Nation de Cinema.
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