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Kaum erforschte Müllwelten
Foto: Romolo Tavani / Adobe Stock

Friede den Ozeanen

29. August 2024

Teil 2: Leitartikel – Meeresschutz vor dem Durchbruch?

Ozeane, unendlich weit und tief, bedecken 71 Prozent der Erdoberfläche und sind untrennbar mit unserem Schicksal verknüpft: Sie produzieren die Hälfte des Sauerstoffs, den wir atmen. Sie nehmen einen großen Teil der Treibhausgase sowie Wärme auf und verlangsamen so den Klimawandel. Fisch und Meeresfrüchte sind für rund drei Milliarden Menschen Hauptproteinquelle.

Doch unsere Meere sind bedroht: In der Tiefsee lagernde Rohstoffe wie Edelmetalle und Manganknollen wecken Begehrlichkeiten der Industrie. Tiefseebergbau, Überfischung, Vermüllung, Industrieabfälle und Schiffsverkehr gefährden und schädigen Meerestiere und Ökosysteme. Bereits 2019 stellte der Weltbiodiversitätsrat fest, dass der Mensch 66 Prozent der marinen Lebensräume erheblich verändert hat. Zahlreiche Tierarten sind nahezu ausgerottet, komplexe Lebensräume auf dem Meeresgrund zerstört, bevor sie wissenschaftlich untersucht werden konnten.

Wie lässt sich diese Entwicklung stoppen? Der Schutz der Meere vor menschlichen Eingriffen ist bisher nur unzureichend geregelt. Staaten können nur in ihren eigenen Küstengewässern und bis zur 200-Meilen-Seegrenze ihre Gesetze durchsetzen – oft im Konflikt mit eigenen wirtschaftlichen Interessen. Die Hohe See dagegen, rund zwei Drittel der Meeresflächen, sind bis heute weitgehend rechtsfrei. Zwar existieren auf Basis des 1982 verabschiedeten UN-Seerechtsabkommens UNCLOS Organisationen, die einzelne Regionen beaufsichtigen, doch mangelt es ihnen an Koordination, Durchsetzungskraft und Transparenz.

Dank moderner Forschungsmethoden wird das Ausmaß der Zerstörung sichtbarer. Erstmals arbeiten Regierungen weltweit an einem gemeinsamen Meeresschutzabkommen. Im Juni 2023 unterzeichneten rund 80 Länder, darunter auch Deutschland, einen UN-Vertrag über die „Biodiversität jenseits nationaler Gesetzgebung“ (BBNJ). Greenpeace bezeichnet das Abkommen als eine der „bedeutsamsten internationalen Vereinbarungen für den Naturschutz in der Geschichte“.

Das Ziel: 30 Prozent der Meere sollen in Schutzgebiete ohne Fischerei und industrielle Nutzung umgewandelt werden. Außerdem sollen Verfahren entwickelt werden, um den Ressourcenabbau und andere Aktivitäten in der Tiefsee auf ihre Umweltverträglichkeit zu prüfen. Diese Prüfungen sind jedoch freiwillig, auch wenn ein Verzicht öffentlich begründet werden muss. Für Staaten des globalen Südens, die weniger Zugang zu den Ressourcen der Tiefsee haben, ist ein finanzieller Ausgleich vorgesehen.

Damit das Abkommen in Kraft tritt, müssen es mindestens 60 Länder bis zur UN-Ozeankonferenz im Juni 2025 ratifizieren. Das ist durchaus ambitioniert und gibt Grund zur Hoffnung. Doch es bleibt die Frage, wie erfolgreich ein Schutzabkommen sein kann, wenn beteiligte Staaten auch gegenteilige Interessen verfolgen.

Ermutigend ist, dass Maßnahmen bereits mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden können. Doch die nicht verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung bleibt ein Schlupfloch, das vermutlich genutzt wird. Während einige Wissenschaftler und Staaten fordern, den Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee zu pausieren, bis die Folgen besser erforscht sind, fehlt eine klare Positionierung der Weltgemeinschaft. Viele Länder, darunter Norwegen, drängen darauf, Rohstoffe mit offizieller Genehmigung in der Tiefsee abzubauen. Es bleibt abzuwarten, wie ernst es den Staaten mit dem Meeresschutz tatsächlich ist.

Mareike Thuilot

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