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Pedro Martínez Arbizu
Foto: Copyright Gritta Veit-Koehler

„Tiefseebergbau ohne Regularien wäre ganz schlimm“

29. August 2024

Teil 2: Interview – Meeresforscher Pedro Martinez Arbizu über ökologische Risiken des Tiefseebergbaus

engels: Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) hat versäumt, fristgerecht Regularien für einen möglichen Tiefseebergbau zu erarbeiten. Was bedeutet das?

Pedro Martinez Arbizu: Wenn ein Konzern beantragt, Tiefseebergbau zu betreiben, muss die Meeresbodenbehörde innerhalb von zwei Jahren klare Regularien für diesen Abbau erarbeiten. Da das bis jetzt nicht passiert ist, könnte das bedeuten, dass diese Firma ohne Regularien anfangen kann abzubauen und das wäre natürlich ganz schlimm.

„Schwämme, Korallen oder Seesterne werden zerstört“

Das Interesse gilt u.a. Manganknollen, metallhaltigen Zusammenballungen auf Meeresböden in drei bis sechs Kilometern Tiefe. Wie würde ihr Abbau für Flora und Fauna bedeuten?

Es gibt unterschiedliche Konzepte, wie man sie ernten konnte könnte. Die Knollen liegen auf der Meeresbodenoberfläche in etwa 5.000 Meter Tiefe, wie Kartoffeln oder Blumenkohl auf einem Acker. Es wurden geeignete Maschinen gebaut, die die Knollen mit einem starken Wasserstrahl anheben und dann einsaugen und an die Oberfläche gebracht werden. Da unten, in diesem Sediment leben viele Tiere wie zum Beispiel Schwämme, Korallen oder Seesterne, die werden natürlich von dieser Maschine zerstört. Tiefseekraken heften ihre Eier an Stängel von abgestorbenen Schwämmen, die an Manganknollen wachsen und brüten sie dort. Ohne die Knollen würde ihnen der Laichplatz fehlen. Es gibt noch viele andere Organismen, die auf dem Knollen wachsen, weil sie ein hartes Substrat brauchen und sich nicht im Sediment verankern können. 

Anfang August gab es die Meldung, dass Manganknollen wohl auch Sauerstoff produzieren. Wie sie das tun, ist allerdings unklar. 

Der Sauerstoff auf unserer Erde ist ja ein Abbauprodukt, beziehungsweise ein Restprodukt von der Photosynthese. Man ging also davon aus, dass der Sauerstoff vor allem im Meer durch die Algen, Bakterien und andere Organismen die Photosynthese betreiben, produziert wurde. Dass es aber auch so genannten dunklen Sauerstoff gibt, hatte niemand geahnt. In den nächsten Monaten wird es dazu jetzt verstärkt Forschungen geben und sicher wird man versuchen, das im Labor nachzuvollziehen.

„Dass es dunklen Sauerstoff gibt, hatte niemand geahnt“

Was erschwert es, den Meeresboden in mehreren Kilometern Tiefe zu erforschen? 

Das Wasser ist das Problem. Wir sehen nicht, was unten ist. Es ist auch zu tief, um hinunter zu tauchen, da werden dann Tauchroboter oder Boote benutzt. Man kann zwar unten Fotos machen, aber das sind immer nur ganz kleine punktuelle Beobachtungen. Selbst, wenn man mit sehr viel Licht und guten Kameras nach unten geht, sieht man nur in einem Radius von wenigen zehn bis zwanzig Metern. Man ist darauf angewiesen, Modelle zu machen und zu schlussfolgern, wie es unten aussieht. Es ist noch so viel zu erkunden. Das Meer bedeckt zwei Drittel der Erdoberfläche und 90 Prozent davon ist Tiefsee, also sehr tiefe Gewässer. Nur ein kleiner Teil des Meeres ist in Küstennähe und flach. Am meisten wissen wir wohl über diese Gebiete, in denen Manganknollen wachsen. Das liegt an den wirtschaftlichen Interessen, die – quasi als positiven Nebeneffekt – auch die Forschung vorantreiben.

„Allein in den Manganknollenfeldern sind über 80 Prozent der Arten völlig neu“

Sie haben sich gegen den Tiefseebergbau ausgesprochen. Denken Sie, wir forschen zu wenig nach alternativen Technologien, die ohne jene Bodenschätze auskommen?

Ich denke schon, dass die Entwicklung der Menschheit in die Richtung geht – zumindest jetzt durch die regenerativen Energien und die Energiewende – dass wir mehr und mehr Metalle brauchen werden. Es läuft alles Richtung Elektrifizierung und in Richtung alternative Energiequellen statt fossiler Energieträger wie Gas und Öl. Das ist natürlich sehr gut, weil eines der Probleme der Erde ist, dass wir zu viel Kohlendioxid in der Atmosphäre haben, dass sich die Erde erwärmt. Aber das hat natürlich Nebenwirkungen und eine davon ist, dass wir durch diese Technologien sehr viele Metalle brauchen. Ich denke, dass irgendwann auch diese Metalle aus der Tiefsee notwendig für die Weiterentwicklung sein werden. Aber ich glaube, dass wir die jetzt noch nicht brauchen. Und es wäre sinnvoll, dass wir dass das Thema global betrachten und uns diese Rohstoffe für später aufbewahren oder für zukünftige Generationen.

Warum sind Sie Meeresforscher geworden? 

Ich bin in Spanien geboren, am Meer in Valencia und habe mich schon immer für die Tiere dort interessiert. Im Studium hat mich dann als Biologe diese enorme Artenvielfalt begeistert. Allein in den Manganknollenfeldern sind über 80 Prozent der Arten, die wir dort finden, völlig neu. Wir wissen nicht, welche Funktionen sie haben, wie sie leben und was sie fürs Überleben brauchen. Da ist noch viel zu erforschen.

Interview: Daniela Prüter

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