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Nachdenken über die Beziehung: Marc Hosemann in „Zwei im falschen Film“
Foto: Presse

„Man darf sich selbst nicht zu ernst nehmen“

30. Mai 2018

Marc Hosemann über „Zwei im falschen Film“ – Roter Teppich 06/18

Der 1970 in Hamburg geborene Marc Hosemann absolvierte in der Hansestadt Anfang der 1990er Jahre auch seine Schauspielausbildung. Seine erste Filmhauptrolle spielte er 1998 unter Detlev Buck in „Liebe deine Nächste!“. Es folgten Rollen in so unterschiedlichen Filmen wie „Das Herz ist ein dunkler Wald“, „Soul Kitchen“, „Zweiohrküken“, „Oh Boy“ oder „Magical Mystery“. Parallel stand Hosemann auch lange Jahre unter Frank Castorf in der Volksbühne Berlin auf der Theaterbühne. Am 31. Mai startet sein neuer Kinofilm „Zwei im falschen Film“, bei dem Hosemann neben Laura Tonke für die Autorenfilmerin Laura Lackmann vor der Kamera stand.

engels: Herr Hosemann, Ihr Zusammenspiel mit Laura Tonke vor der Kamera funktioniert meiner Meinung nach ausgesprochen gut, und das, obwohl Sie beide noch nie zuvor etwas gemeinsam gedreht hatten...

Marc Hosemann: Ich kenne Laura schon sehr lange, allerdings nur vom Hallo sagen, wir hatten wirklich noch nie etwas zusammen gedreht. Dabei war das am Anfang eine ganz merkwürdige Sache, der Film war schon zwei Jahre in der Planung, und ich sollte die Rolle eigentlich gar nicht spielen. Dann hatten die beiden Lauras, Laura Tonke und die Regisseurin Laura Lackmann, die Idee, dass ich die Rolle übernehmen soll. Ich hatte so etwas noch nie zuvor gespielt, was ja eigentlich toll ist, wenn man mal etwas völlig Neues ausprobieren kann. Aber ich war dennoch anfangs skeptisch, ob ich denn der Richtige dafür bin. Dann habe ich es trotzdem einfach gemacht, und es war super! Ich habe schon beim Dreh gemerkt, dass es tatsächlich funktioniert.

Die beiden Lauras kannten sich im Vorfeld schon, hatten zusammen „Mängelexemplar“ gedreht. War es kein Problem, sich in dieses eingespielte Team hineinzufinden?

Nein, die wollten ja beide, dass ich in dem Film mitspiele! Wir sind dann tatsächlich alle gute Freunde geworden, ich wurde sozusagen die dritte Freundin in diesem Bund (lacht). Ich fühlte mich wirklich ein wenig, als ob ich in einen Mädchenzirkel aufgenommen worden bin. Das war eine ganz neue Erfahrung.

Es war aber nicht so, dass Sie im Vorfeld noch länger miteinander geprobt haben, um sich besser kennenzulernen?

Nein, das wäre gar nicht gegangen, weil wir alle drei unmittelbar davor noch in andere Projekte eingebunden waren. Ich hatte in diesem Jahr schon so viele Sachen gedreht und dann auch noch in Frankreich das Volksbühnen-Gastspiel „Die Brüder Karamasow“ gespielt, einen sechsstündigen Theatermarathon. Danach haben wir direkt mit dem Dreh von „Zwei im falschen Film“ begonnen. Aber das war gerade richtig so, denn der Grad der Erschöpfung war perfekt für das ermattete Liebespaar, das sich dann zu neuen Höhen aufschwingt. Und die beiden Lauras kamen ebenfalls direkt aus anderen Projekten, deswegen haben wir da nichts großartig geprobt. Es hat aber trotzdem von Anfang an funktioniert, wir haben nicht großartig gefremdelt. Als ich Laura Lackmanns Drehbuch gelesen hatte, wusste ich noch gar nicht so genau, ob das funktioniert, aber sobald wir anfingen zu spielen und das Ganze plastisch wurde, hat es geklappt, einschließlich der Absurdität der Dialoge. Man merkte dem Buch an, dass es von jemand geschrieben wurde, der etwas zu erzählen hat. Laura Lackmanns Geschichte ist ein echtes Original, so etwas hatte ich zuvor noch nicht gelesen. Wenn man es vergleichen müsste, würde ich im besten Sinne sagen, die Geschichte ist wie „Harry und Sally“ dreißig Jahre später in einer eigenen Form.

Konnten Sie durch den Film irgendwelche Tipps mitnehmen, wie man eine eingefahrene Beziehung wieder aufpeppen kann?

Wenn man keinen Humor miteinander hat und auch nicht über sich selbst lachen kann, dann funktioniert eigentlich gar nichts mehr. Meine Beziehung jetzt funktioniert ganz wunderbar, und das beruht meiner Meinung nach zum Großteil darauf, dass wir uns nicht zu ernst nehmen. Und dass man keine allzu großen Romantikvorstellungen an den anderen hat. Ich finde, eine Beziehung funktioniert dann ganz wunderbar, wenn der Partner gleichzeitig auch der beste Kumpel ist. Wenn das für die Frau in der Beziehung zu langweilig wird, dann muss man sich eben etwas ausdenken.

Die beiden im Film gehen dann gemeinsam ins Kino und schauen sich Beziehungsfilme an. Was bedeutet denn Kino für Sie?

In Deutschland ist Kino eigentlich häufig ein Film, der im Kino läuft. Das ist aber oft nichts anderes, als ein Fernsehfilm, der im Kino läuft. Warum sollte ich mir den dann im Kino noch angucken? „Zwei im falschen Film“ ist meiner Meinung nach wirklich ein Original. Wenn ich ins Kino gehe, dann möchte ich mir etwas anschauen, was jemand ganz neu erfunden hat und was ich vorher so noch nie gesehen habe. Dann möchte ich dafür Geld bezahlen und ins Kino gehen. Ich glaube, das ist bei diesem Film der Fall. Denn er ist überraschend und frisch. Keine der üblichen romantischen Komödien, das ist ja auch fast schon zu einem Schimpfwort geworden. Sondern es ist ein eigener, lustiger Liebesfilm. Das ist für mich Kino.

Sind Sie auch ein Abspann-Gucker?

Nicht unbedingt (lacht). Ich schäme mich da auch ein bisschen, aber ich gehe meistens schon früher raus. Ich finde es unglaublich, wie viele Leute bis zum Schluss sitzenbleiben. Ist es der Respekt, ist es die echte Neugierde? Das sind dann schon echte Freaks oder Nerds, die finde ich schon irgendwie cool, aber zu denen gehöre ich nicht.

Stehen Sie selbst auch auf kultige alte Autos, wie Sie im Film eines fahren?

Ich habe mir echt kurz überlegt, ob ich den Einser-Golf kaufe, den ich im Film fahre. Der hatte nur 28.000 Kilometer runter in seinem komischen Cremebraun. Er war tiptop erhalten, aber ich hatte mir erst kurz zuvor ein Auto gekauft, deswegen habe ich es dann doch nicht gemacht. Also den Golf eins finde ich super, und auch ein paar andere Kleinodien finde ich total schick, wie beispielsweise den Renault 4, den alten VW-Bus oder den klassischen Mini-Cooper. Insofern kann ich das schon bejahen.

Sie stehen schon seit über 20 Jahren vor der Kamera, Ihre Karriere scheint in den letzten Monaten mit „4 Blocks“, „Babylon Berlin“ oder „Magical Mystery“ noch einmal neuen Schwung zu erhalten. Haben Sie selbst auch eine wachsende Popularität festgestellt?

Es tut der Sache einen kleinen Abbruch, dass ich dabei häufig bereits in der ersten oder zweiten Folge sterbe (lacht). Aber diese Sachen haben mir viel Spaß gemacht. Ich wohne auch in Kreuzberg, und bei „4 Blocks“ sind die Leute geradezu durchgedreht, das kannte ich in dem Maße vorher nicht. Ich spiele darin ja einen Bullen, und einige Mädchen wollten Selfies mit mir haben, weil sie meinten, dass ich in der Rolle so echt wirken würde. Ja, ich habe in der letzten Zeit einfach viel mehr gearbeitet, das ist schon richtig. Was das nun auf lange Sicht bedeutet, muss sich noch erweisen. Aber da haben sich schon ein paar Dinge verändert. Ich habe auch immer viel Theater gespielt, und das hat sich dann meist abgewechselt mit meinen Rollen vor der Kamera. Mit dem Ende der Volksbühne in Berlin hatte ich nun die Zeit, diese ganzen anderen Sachen zu machen. Es hat sich für mich auch noch einmal verändert, weil es so viele unterschiedliche Sachen und Rollen waren, was auch mir sehr gefallen hat.

In Ihrer Filmografie findet sich mit Alan Rudolphs „Investigating Sex“ auch ein internationaler Film. Wie ist es damals dazu gekommen?

Das war schon eher ein Zufall, ein internationaler Film, der mit vielen deutschen Darstellern besetzt wurde. Alan Rudolph war ja der ehemalige Regieassistent von Robert Altman. Der hat seine Filme, beispielsweise „Breakfast for Champions“, immer so gedreht, bis seine Goldene American-Express-Karte leer war. Bei „Investigating Sex“ hat er viel Geld aus Deutschland bekommen und sich deswegen dazu entschieden, ihn in Babelsberg zu drehen. Irgendjemand hatte mich vorgeschlagen für die Rolle des Schlachters Joey, der ungefähr zwölf Dioptrien hat. Und dann hatte ich da lediglich drei oder vier Drehtage, aber immerhin auch mit Nick Nolte, das war schon cool.

Interview: Frank Brenner

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