Bethlehem
Israel, Deutschland, Belgien 2013, Laufzeit: 99 Min., FSK 16
Regie: Yuval Adler
Darsteller: Shhadi Maryee, Tsahi Halevi, Hitham Omari
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Aufwühlender Nahost-Thriller
Zwischen den Fronten
„Bethlehem“ von Yuval Adler
Wenn sich das Kino mit dem Nahostkonflikt auseinandersetzt, dann passiert das bevorzugt im Rahmen von Dramen und Dokumentarfilmen. Regiedebütant Yuval Adler setzt auf ein eher ungewohntes, trivialeres Genre: Den Thriller. Doch Obacht, trivial heißt in diesem Fall alles andere als oberflächlich. Der siebzehnjährige Palästinenser Sanfur (Shadi Mar’i) arbeitet seit zwei Jahren als Spitzel für den israelischen Inlandsgeheimdienst. Er wurde von dem Agenten Razi (Tsahi Halevy) rekrutiert, der inzwischen eine väterliche Beziehung zu dem aufbrausenden Jungen aufgebaut hat. Sanfurs großer Bruder Ibrahim ist ein gesuchter Untergrundkämpfer in einer radikalen, palästinensischen Märtyrer-Brigade. Als der Geheimdienst den Mann unschädlich machen will, nimmt man keine Rücksicht auf das Leben Sanfurs. Razi versucht, den Jungen aus der Schusslinie zu halten. Schon bald schweben beide in Gefahr. Die Bedrohung erwächst sowohl aus feindlichen als auch aus den eigenen Reihen.
Regisseur und Autor Yuval Adler ist israelischer Jude. Er verfasste das Drehbuch gemeinsam mit dem Moslem Ali Waked. Entsprechend vielschichtig gestalten sich die Perspektiven, die ihr Film einnimmt. Co-Produzent Steve Hudson von Gringo Films in Köln erläutert, dass man sich ähnlich wie die US-amerikanische Fernsehserie „The Wire“ über die Blickwinkel aller Protagonisten der komplexen Lage nähert. Vor allem aber sucht man den emotionalen Zugang. Entsprechend komplex fallen die Profile der Protagonisten und ihre Verhältnisse zueinander aus. Dass man in der Rolle des Spitzels einen Heranwachsenden besetzte, verleiht dem Unterfangen eine weitere dramaturgische Nuance: Die Position des Jungen, der sich entscheiden muss in einem Konflikt, der für den Nachwuchs nicht mehr überschaubar geschweige denn unvoreingenommen herzuleiten ist. Adler inszeniert, ähnlich wie „The Wire“, unspektakulär und lebensnah, spinnt seinen Plot zugleich knackig und spannend. Dieses triviale Element in Story und Inszenierung verschließt sich nicht dem einen oder anderen Logikloch. Dies aber ist legitim, so wie es in allen Sparten dieses Genres legitim ist. Zugleich erschließt sich der Film durch die emotionale Annäherung einer größeren Zuschauerschaft. Und überhaupt ist die Emotion selbst grundlegendes Thema des Konflikts: Wie sie aus Männern Zeitbomben macht, wie sie als Instrument der Manipulation genutzt wird. Adler liefert einen spannenden Krimi ebenso wie einen beklemmenden Zustandsbericht aus einem scheinbar hoffnungslos aufgewühlten Land. Aus einer Männerwelt, in der blinde Wut, Anarchie, verklärte Ehre, verklärter Stolz und sakral idealisiertes Märtyrertum verheerend ineinander greifen. Adler spiegelt dies bis in den Irrwitz und bleibt damit zugleich jede Sekunde erschreckend authentisch. Das ist nicht zuletzt den Darstellern zu verdanken, die sich vornehmlich aus Laien rekrutieren und trefflich ausgesucht wurden. Alles ist aufregend in diesem Thriller, nichts hier ist reißerisch. Und man erfährt mehr über die Zustände dieser Region als in so manchem Drama oder Dokumentarfilm.
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