James Bond 007 - Skyfall
Großbritannien, USA 2012, Laufzeit: 143 Min., FSK 12
Regie: Sam Mendes
Darsteller: Daniel Craig, Judi Dench, Javier Bardem, Ralph Fiennes, Naomie Harris, Bérénice Marlohe, Albert Finney, Ben Whishaw
>> www.skyfallfilm.de/site
Aufregend reifes Bond-Abenteuer
Gewachsen
„James Bond 007 – Skyfall“ von Sam Mendes
Dieses Bond-Abenteuer macht so ziemlich alles wieder wett, was Vorgänger „Ein Quantum Trost“ versemmelt hatte. Wir erinnern uns: Eine wirre, spannungsarme Story, ein uncharismatischer Schurke, miserable Schnitte, kein Charme, kein Witz, kein Mut und kein Vermögen zur Größe. Regisseur Marc Forster („Wenn Träume fliegen lernen“) zeichnete seinerzeit verantwortlich, er und sein Team, das er mit ans Set brachte, war eine einzige Fehlbesetzung. Doch Schwamm drüber: Gelegentliche Schnitzer wie diese sind innerhalb der Bond-Reihe üblich und insgesamt die Ausnahme. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an „Skyfall“. Und „Skyfall“ erfüllt sie.
Regisseur Sam Mendes („American Beauty“, „Jarhead“) kommt zwar wie Marc Forster aus der Ecke des anspruchsvollen Mainstreamdramas, doch zeigt er sich, anders als Forster, dem britischen Agenten gewachsen. Vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil er selbst Engländer ist. Epische 145 Minuten gönnte man dem Actiondrama, Mendes weiß sie souverän zu füllen. Weniger mit Spektakel als vielmehr durch Story und epische Spannung.
In „Skyfall“ geht es ans Eingemachte: Nach einem Anschlag muss der Sitz des britischen Geheimdienstes umziehen und sieht sich einem Cyber-Terroristen ausgesetzt: Raoul Silva (Javier Bardem), ein ehemaliges Mitglied des MI6, sinnt auf späte Rache an Bonds Chefin M (Judi Dench) und erpresst sie damit, online die Tarnnamen von Geheimagenten preiszugeben. M setzt 007 auf Silva an. Der Doppelnullagent reist von Shanghai nach Macau und wieder zurück nach London, bis es ihn auf seinen eigenen Wurzeln zurückwirft. Während auch oben in der Chefetage an Ms Stuhl gesägt wird, erhält Bond Unterstützung durch Kollegin Eve (Naomie Harris) und durch Q (Ben Whishaw), der sich zu einem jungen, schlagfertigen Computernerd gemausert hat.
Es ist ein besonderer Bond-Film, den Produzenten Barbara Broccoli und Michael G. Wilson verantworten. Ein erhaben produzierter, epischer Ansatz, voller Inspiration und Mut zu subtiler Spannung fern effektüberladender Kurzweil. „Skyfall“ ist damit vergleichbar mit dem ebenso gelungenen „Casino Royale“ von 2006. Ein Film, der das Potenzial der ganzen Filmreihe spiegelt. „Casino Royale“ war ein Reboot, der neue Bond-Darsteller Daniel Craig erhielt darin erst seinen Doppelnullstatus, und auch in Teil Drei seit Craig ist noch viel in Bewegung, vor allem um den Hauptdarsteller herum. Das gönnt den Drehbuchautoren Phantasie und Freiheit, was beispielsweise mit dem neuen Q äußerst originell umgesetzt wird. Javier Bardem ist ein Glücksfall, er verkörpert den Schurken als süffisant verbitterten, kaltblütigen, intelligenten Dandy. Bardems Spiel erinnert dabei mitunter an die Allüren eines John Malcovich wenn nicht gar an einen Batman-Gegner. Sein Spiel ist ein Genuss. Mit Thomas Newman auch ein neuer Komponist mit an Bord, der David Arnold nach fünf Filmen ablöst. Sein Score treibt gelungen elektronisch und ergeben klassisch, die Original-Motive der Serie bleiben derweil weiterhin eher zögerliches Zitat.
Damit kommen wir zu den kleinen Unbeholfenheiten: Die Macher legen einen großartigen Film hin, die Idee des Reboots, der 2006 begann, kommt dabei allerdings zusehends ins Schlittern. Es fehlt eine Linie innerhalb der Chronologie dieses Neuanfangs: In Sachen Nebencharaktere – von Felix bis Q – läuft das weiterhin souverän. Doch der Einsatz von Originalmusik oder der Blick durch den Pistolenlauf als Eröffnung eines neuen Abenteuers: Da ist man unentschlossen, wankelmutig. Am meisten verstört dabei, dass 007 in „Casino Royale“ neu eingeführt wird, als eine Art unreifer Bond, der noch geschliffen werden will und die eine oder andere Lektion noch vor sich hat. „Ein Quantum Trost“ kam bereits ab von diesem Weg – der Film ist an sich komplett überflüssig. Anstatt beispielsweise eine Trilogie zu produzieren, in deren Verlauf aus dem Rookie ein Profi wird, setzt nun „Skyfall“ ganz woanders an: Bond ist hier schon seit Jahren im Dienst, wirkt erfahren, gealtert, er ist etabliert und muss M nichts mehr beweisen. Alles ist gesetzt, die Chancen, die „Casino Royal“ bot, verspielt. Das ist schade.
Für sich genommen aber ist „Skyfall“ eine Offenbarung, anregend, spannend, humorvoll, opulent, erwachsen. Ein Wohlfühl-Bond.
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(Hartmut Ernst)
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