Kajillionaire
USA 2020, Laufzeit: 106 Min., FSK 0
Regie: Miranda July
Darsteller: Evan Rachel Wood, Richard Jenkins, Debra Winger
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Absurde Komödie um soziale Phobie und die Sehnsucht nach Zärtlichkeit
Liebevolle Lieblosigkeit
„Kajillionaire“ von Miranda July
Man musste schon befürchten, dass sie sich vom Filmemachen zurückgezogen hat. 2005 reüssierte die Künstlerin Miranda July mit ihrem Debütlangfilm „Me and you and everyone we know“ und brachte einen komplett neuen Erzählstil und Tonfall ins Kino, der auf der warmherzigen Menschlichkeit ihrer Kunst aufbaut. „The Future“ ignorierte nicht weniger dramaturgische Regeln als der Vorgänger und schien ihre Konzept- und Performance-Kunst regelrecht in das Kinoformat einzubauen. Mit ihrem neuen Film, der nun knapp zehn Jahre nach dem Vorgänger in die Kinos kommt, erwärmt sie abermals die Herzen der Zuschauer, ohne in abgedroschene Phrasen zu verfallen. Im Gegenteil wird immer mehr Julys Seelenverwandtschaft zu einem Regisseur wie Michel Gondry („Vergiss mein nicht!“, „Science of Sleep“, „Abgedreht“) oder einem Drehbuchautor wie Charlie Kaufman („Being John Malkovich“, „Adaption“, „Vergiss mein nicht!“, „Anomalisa“) deutlich, nur dass sie nie wirklich die Ebene des Realismus verlässt, auch wenn es häufig den Anschein hat.
Die 26-jährige Old Dolio lebt mit ihren Eltern in einem schäbigen, ehemaligen Büroraum, in dem sie regelmäßig Schaum abtragen müssen, der durch die benachbarte Fabrik aus der Decke quillt. Um die Miete zu beschaffen, machen sie allerlei Trickbetrügereien, doch es reicht kaum. Als sie die junge Melanie kennenlernen und gemeinsame Pläne schmieden, erkennt Old Dolio erstmals, in welch missbräuchlicher Abhängigkeit sie zu ihren egozentrischen Eltern steckt und wie wenig ihr in diesem System die Rolle des Kindes erlaubt ist, das Zuneigung und Zärtlichkeit braucht.
In gewohnt langsamem Tempo erzählt July in ihrem neuen Film von einer merkwürdigen Familie, die auf einer persönlichen, rationalen Ebene gut funktioniert, bis ein fremdes Wesen dieses System zum Wackeln bringt wie ein Erdbeben. Es ist schon bemerkenswert, wie liebevoll Miranda July in ihrem neuen Film Lieblosigkeit beschreibt. Symbolisch, und dennoch sehr berührend verbaut July allerlei skurrile Ideen, die schließlich in einem großartigen Finale kulminieren.
(Christian Meyer-Pröpstl)
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