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Being John Malkovich

Being John Malkovich
Großbritannien, USA 1999, Laufzeit: 112 Min., FSK 12
Regie: Spike Jonze
Darsteller: John Cusack, Cameron Diaz, Catherine Keener, Orson Bean, Mary Kay Place, John Malkovich, Charlie Sheen

"Being John Malkovich" von Spike Jonze

Fremdartige, wilde Filme erreichen uns seit einiger Zeit aus dem als kommerziell verpönten, 'mainstream'-hörigen Hollywood. Ihre Regisseure oder Autoren waren kaum einmal in den Credits von Kinofilmen zu finden. Sie sind unter 30, haben Theaterstücke, Musikvideos oder kleinere Filme inszeniert. Und sie haben Erfolg. "American Beauty" von Sam Mendes sahnte haufenweise Oscars ab, "Magnolia" von Paul Thomas Anderson gewann den Goldenen Bären. Und jetzt eine weitere Provokation für die offenen Sinne und Köpfe der Cineasten: "Being John Malkovich" von Spike Jonze (Regie) und Charlie Kaufman (Buch). Man merke sich diese Namen.

Es ist kaum möglich, die irre Geschichte, in die das Paar Craig (John Cusack) und Lotte (Cameron Diaz) hineingerät, überhaupt wiederzugeben. Der Regisseur selbst nannte es "eine Story über New York, einen Puppenspieler, eine tragische Ehe, einen Chef, eine Empfangsdame, eine weitere Frau, einen Schauspieler, die Ausfahrtstraße nach New Jersey und einen Teller voller Lasagne". Das ist recht gut getroffen.

Aber was hat John Malkovich hier zu suchen? Er spielt sich selbst und hat während des ganzen Films damit zu kämpfen, dass sich diverse Hauptpersonen der Handlung in seinem Kopf einnisten. Und das kommt so: als Craig, ein arbeitsloses und verkanntes Puppenspiel-Genie, einen Aushilfsjob kriegt, muss er zunächst feststellen, dass das Büro, in dem auf seinen merkwürdigen Chef Dr. Lester (Orson Bean) und dessen sexbessenere Assistentin Maxine (Catherine Keener) trifft, im siebeneinhalbten Stock liegt. Und das ist wortwörtlich zu nehmen. Der Aufzug muss auf halbem Wege gestoppt werden und in der Büroflucht können sich alle nur in tief gebückter Haltung bewegen. Dann entdeckt er ein Loch in die Wand, in das er allzu neugierig hineinkriecht - um urplötzlich direkt in den Kopf von John Malkovich hineingesaugt zu werden. Vor dort kann er plötzlich alles mit dessen Augen sehen. Nach seiner Rückkehr erzählt er Maxine, in die er sich ein wenig verliebt hat, von diesem Abenteuer. Sie probiert das prompt selber aus und organisiert fortan per Annonce touristische Fremderfahrungs-Trips für 200 Dollar pro Nase. Ein florierendes Geschäft. Auch Lotte bekommt Wind davon und will ebenfalls auf die Reise. Da gerät naturgemäß bei John Malkovich und beim langsam tripsüchtig werdenden Trio einiges durcheinander. Witzigste Seite dieses verqueren Rollenspiels ist die zunehmende Vermischung und Vertauschung der sexuellen Identitäten. Irgendwann ist jedermann einmal im Kopf des armen Schauspieler-Stars, während er es mit jeweils dem anderen treibt. Sogar Malkovich selbst stellt sich einmal hinten an, um die Achterbahnfahrt in sein Selbst anzutreten. Ein Albtraum. Vor allem das eiskalte Biest Maxine führt Situationen herbei, die alle Beteiligten in arge Not bringen. John Malkowich ist nicht mehr lange Herr im eigenen Haus, und auch für den fehlenden Ruhm des unterschätzten Puppenspielers wird er wohl einiges tun müssen.

Es gibt auch einen richtigen 'showdown'. Dr. Lester, so stellt sich heraus, ist passionierter Malkovich-Fan. Er ist der eigentliche Drahtzieher, der in Wirklichkeit schon alt wie Methusalem ist und zusammen mit einer ganzen Rentnergang durch Vereinnahmung von Wirts-Hirnen Unsterblichkeit erlangen will. Doch Craig hat sich erst einmal einquartiert und ein unerbittlicher Kampf um den Kopf von John Malkovich entbrennt.

Dieses Drehbuch war den Studiobossen wohl ausgeflippt genug, so dass es einer Verfilmung würdig war. Lasst ein Schulmädchen in Rosen baden und mit dieser Masturbationsfantasie eines 'midlife crisis'-geschüttelten Versagers ein amerikanisches Familienidyll zerbersten, lasst es Kröten vom Himmel regnen - das Scheckbuch der Produzenten wartet schon. Der faszinierende Regenerationsprozess einer ganzen Industrie: nach dem Megafilm "Titanic", der jedes bisherige Budget und Boxoffice-Ergebnis in den Schatten stellte, die schlichte Einsicht, dass sich so etwas nicht wiederholen lässt. Experimentelles ist angesagt, Provokation der Gehirnzellen, wildes Fabulieren. "Being John Malkovich" ist gleichsam schon die filmische Reflexion dieses Prozesses, den die Filmemacher in den Wahrnehmungsweisen der Zuschauer in Gang setzen wollen. Gierig lassen diese sich von den neuen Sichtweisen belehren, ihre Köpfe vom neuen Ideenreichtum okkupieren: eine Glanzzeit des Kinos. Und der Film von Spike Jonze eines seiner Glanzstücke.

(Heinz Holzapfel)

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