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Paradise Now
Deutschland, Niederlande, Israel, Frankreich 2005, Laufzeit: 90 Min., FSK 12
Regie: Hany Abu-Assad
Darsteller: Kais Nashef, Ali Suliman, Lubna Azabal, Amer Hlehel, Hiam Abbas, Ashraf Barhoum, Mohammad Bustami, Mohammad Kosa, Ahmad Fares, Olivier Meidinger, Ali Hamade

Endlich: Die unzertrennlichen Freunde Khaled und Sa_d haben ihren bisher schlummernden Auftrag als lebendige Bomben im palästinensischen Freiheitskampf auszuführen. Das ersehnte Martyrium wartet auf Erfüllung ? und ruft doch persönliche Träume wach. Beklemmendes Freiheitsdrama im scheinbar ausweglosen Konflikt Grenzübergang, Westjordanland: Eine in Kleidung wie Gestus geradezu europäisch anmutende junge Palästinenserin schreitet auf den Checkpoint zu. Stille. Eindringlich taxierende Blicke der bis an die Zähne bewaffneten und gepanzerten Soldaten. Großaufnahme ihrer Reisetasche, deren privater Inhalt einer peinlich genauen Untersuchung unterzogen wird, ehe man sie passieren lässt ? auf ihrem Weg von gepflegtem israelischen Boden in ihre von Armut und Raketenangriffen gezeichnete Heimat. Die hübsche Suha führt uns über eine Angst und Schrecken verbreitende Grenze hinein in Gefilde, die sich dem Vorstellungsvermögen nicht erschließen wollen. Hinein in einen scheinbar ewig währenden Krieg um das Gelobte Land, in dem angeblich Milch und Honig fließen, in dem nunmehr jede Partei auf seine historischen Wurzeln verweist und der Europäer nur verständnislos den Kopf schüttelt, dabei aber vergisst, dass seine außenpolitischen Eingriffe erst den Konflikt beziehungsweise dessen Eskalation heraufbeschworen haben. Wo die Freiheit endet Doch: "Man kann die ganze Tragweite und Komplexität der Tragödie in Palästina unmöglich in einem Film unterbringen. Keine Seite kann hier auf moralischen Beistand hoffen, da Töten unmoralisch ist. Aber die gesamte Situation befindet sich jenseits dessen, was wir mit dem Adjektiv 'moralisch' bezeichnen können", weiß der israelisch-palästinensische Regisseur und Autor Hany Abu-Assad um die Chancenlosigkeit eines solchen Unterfangens zwischen Gewalt und Leid, Leid und Gewalt, deren Urheberschaft sich längst von der politischen auf die persönliche Motivationsebene verschoben hat. Und genau hier setzt sein Film an: "Was immer man auch über die Täter und ihre Motive denken mag, sie bleiben menschliche Wesen." Menschen, junge Menschen, die von einer Sekunde zur nächsten zu lebendigen Bomben werden. Eben noch haben Khaled und Sa_d über Nabul gethront, sich ein Pfeifchen und einen Kaffee gegönnt, sich mit ihrem Chef herumgeschlagen und mit der hübschen Suha geflirtet, die ihren Wagen in der Werkstatt abgeben musste. Da läutet die radikale Freiheitsmiliz an der Tür. Für die beiden Freunde keine Frage des Zögerns, zu mächtig ist Khaleds persönlicher Hass auf den Feind, zu schmerzlich die Scharte, die Sa_ds Vater als Kollaborateur hinterlassen hat und die der Sohn nun endlich auszuwetzen gedenkt. Da kann ihn auch die plötzlich aufkeimende Liebe zu Suha nicht stoppen. Abschied ist angesagt. Von der Familie, der Liebe, dem eigenen Leben. Um die höchstmögliche Stufe des Seins zu erreichen. Als Selbstmordattentäter, als Märtyrer, für Volk und Vaterland. Die totale Freiheit ruft. Der mit Sprengsätzen gespickte Gürtel legt sich bombenfest um ihre jugendlichen Körper. Die Wuschelhaare fallen. Tief liegen die Augen, zwischen Ausdruckslosigkeit und Trauer changierend. Die Instruktionen sind klar. Die Schlinge zieht sich zu, während Khaled und Sa_d in den muffigen Gängen ihres Verstecks auf ihren Einsatz warten, immer fester ? auch um den Hals des Betrachters. Wo die Freiheit beginnt Nicht von ungefähr hat "Paradise now" auf der diesjährigen Berlinale den Publikumspreis und Blauen Engel als bester europäischer Film eingeheimst. Die Geschichte und ihre Bilder sind von mitreißender Klarheit. Eben noch erheiternd wie der skurrile Disput um eine angeblich schief hängende Stoßstange, der in einen absurden Wutausbruch eskaliert. Dann geradezu romantisch, wenn sich Sa_d des Nächtens als Romeo vor Suhas Tür einfindet. Und schließlich ? als der verminte Sa_d gemeinsam mit jüdischen Siedlern auf den Bus nach Tel Aviv wartet, in den er aus Sorge um ein kleines Mädchen doch nicht einsteigt ? ausweglos gefangen in dem persönlichen Dilemma, das sich immer weiter von der politischen Mission entfernt. Denn: Nicht nur der Plan des Attentats ist aus dem Ruder gelaufen, sondern auch seine Protagonisten. Sa_d irrt durch seine Gefühle, Suha und Khaled hinterdrein. Würde doch nur irgendjemand seinen Kopf einschalten.

(Lars Albat)

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