Persepolis
Frankreich 2007, Laufzeit: 96 Min., FSK 0
Regie: Marjane Satrapi, Vincent Paronnaud
Darsteller: Sprecher: Chiara Mastroianni, Danielle Darrieux, Francois Jerosme, Catherine Deneuve, Simon Abkarian, Sprecher: Jasmin Tabatabai, Nadja Tiller, Hanns Zischler, Eva Kryll, Marcus Off
Die kleine Marjane wächst in den 70er und 80er Jahren im Iran auf. Aufgrund der politischen Wirren schicken ihre Eltern den Teenager ins Exil nach Wien. Aber dort ist das Leben auch nicht gerade einfach.
Marjane Satrapi ist etwas gelungen, was im deutschsprachigen Raum fast niemand gelingt: Sie hat mit ihrem Comic „Persepolis“ einen Bestseller veröffentlicht. So etwas passiert eigentlich nur in Frankreich oder Japan (dort natürlich als Manga). Aber die autobiografische Graphic Novel, so der Ausdruck für Comicgeschichten, die nicht im kurzen Albumformat Genrestoffe abhandeln, sondern längere, komplexe Erzählungen entwickeln, hat anscheinend einen Nerv getroffen. Weltweit hat sich ihre Geschichte millionenfach verkauft.
Zum einen berichtet Satrapi als Augenzeugin vom Leben im Iran, einem Land, dessen Alltag man hierzulande hinter Begriffen wie „Achse des Bösen“ kaum noch sehen kann. Zum anderen macht sie dies in einem spannenden Kontrast zwischen einer kindlich-naiven Sichtweise der Protagonistin und der faktenreichen Schilderung der Unterdrückung unter dem Schah und dessen Umsturz durch die noch viel totalitärere islamische Revolution bis hin zum Iran-Irak Krieg. Bei Satrapis Balanceakt hat weder der Feindbilder aufbauende Islamhasser noch die naive Toleranz linker Gutmenschen eine Chance. Ihr ambivalentes Bild des Iran zeigt gleichermaßen Alltag und Krieg, intelligente Regimekritiker und tumben Terror. Und sie führt eine weitere Ambivalenz ein: Mit ihren Erinnerungen an ihre Zeit im Österreichischen Exil zeigt sie deutlich Skepsis gegenüber der scheinbar fortschrittlichen, toleranten westlichen Welt. Eine echte Heimat findet Marjane weder dort noch hier.
Der Erfolg des Comics bot ihr die Chance zu einer Verfilmung und somit auch die Chance, nochmals einen weiteren Publikumskreis zu erreichen. Zusammen mit Vincent Paronnaud hat sie die animierte Version ihrer Geschichte gestaltet. Da sie die betont naiven, abstrakten Schwarzweißzeichnungen beibehalten wollten (die angebotene Realverfilmung mit Brad Pitt und Jennifer Lopez hat sie abgelehnt), war es nur nahe liegend, auch bei der Animation klassische Techniken zu verwenden. Also nicht Pixars Realismusanspruch war hier leitend, sondern ein persönlicher, expressiver Ausdruck. Und so ist der temporeiche Film ein ebenso persönliches Werk wie die Comicvorlage geblieben und ein wunderbarer Film voller Aufrichtigkeit, Trauer und Humor.
(Christian Meyer)
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Hagen
Start: 17.10.2024
In Liebe, Eure Hilde
Start: 17.10.2024
Dahomey
Start: 24.10.2024
The Room Next Door
Start: 24.10.2024
Anora
Start: 31.10.2024
Des Teufels Bad
Start: 14.11.2024
Gladiator 2
Start: 14.11.2024
The Outrun
Start: 5.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025
Das Licht
Start: 20.3.2025
„Versagen ist etwas sehr Schönes“
Regisseur Taika Waititi über „Next Goal Wins“ – Gespräch zum Film 01/24