Vor fast einem Monat verlas Maria Alekhina, Mitglied der russischen Punkband Pussy Riot, ihr Schlussplädoyer. Neun Tage später, am 17. August, gab das russische Gericht sein Urteil bekannt, das für die drei Mitglieder wegen ihres „religiös motivierten Rowdytums“ zwei Jahre Haft verhängte.
Die zahlreichen Debatten, die vor, während und nach diesem Prozess durch die westlichen Medien gingen, waren sich in ihrem kritischen Grundtenor gegenüber dem russischen Rechtssystem und dem „System Putin“ einig. Aber was bedeutet es, für einen Hausfriedensbruch und eine scharfe Kritik an zwei Bollwerken der Macht – Staat und Kirche – für zwei Jahre weggesperrt zu werden? Wie sähen solche Prozesse in Deutschland aus?
Pascal Merighi, Mitglied des Ensembles des Tanztheaters Pina Bausch, wird in einer Performance-Vorlesung heute Abend das Schlussplädoyer von Maria Alekhina vorlesen. Es ist weniger eine juristische Verteidigungsrede denn eine Widerstandserklärung gegen den russischen Staat – seine Gesetze, seine Gerichte, seine Wortführer und seine, wie Alekhina es nennt, „sogenannte Freiheit“. Die durch ihre Sturmhauben inzwischen zu Pop-Symbolen aufgestiegenen Pussy Riot wollten ihrerseits eine Demaskierung Russlands betreiben.
Veranstalterin und Galeriebesitzerin Nicole Bardohl kam mit Pascal Merighi beim Lesen des Plädoyers auf die Idee dieser Performance. Beide fanden das Plädoyer „sehr beeindruckend“. Für Bardohl mache es nicht nur auf Russland aufmerksam, sondern auch auf „die Situation im eigenen Land“. Der Frage, ob man die Performance der Pussy Riot nicht primär als Protest für künstlerische Freiheit sehen sollte und nicht durchweg als eine Art zivilen Ungehorsams, steht Bardohl skeptisch gegenüber: „Ich weiß nicht, ob man das voneinander trennen kann“.
Zu der Performance-Lesung sollen noch Gäste kommen. Wer das sein wird, wollte Nicole Bardohl nicht verraten. Man kann aber davon ausgehen, dass Russlands inzwischen bekanntestes Plädoyer auch hier für Gesprächsstoff sorgen wird.
PUSSY RIOT support Performance. Ein Plädoyer für die Freiheit I Mi 5.9. 21 Uhr
Kunstkomplex Wuppertal I Infos: 0202 39 31 24 94
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Die Liebe und ihre Widersprüche
„Tagebuch einer Trennung“ von Lina Scheynius – Textwelten 11/25
Inmitten des Schweigens
„Aga“ von Agnieszka Lessmann – Literatur 11/25
Mut zum Nein
„Nein ist ein wichtiges Wort“ von Bharti Singh – Vorlesung 10/25
Kindheitserinnerungen
„Geheimnis“ von Monika Helfer und Linus Baumschlager – Vorlesung 10/25
Im Spiegel des Anderen
„Der Junge im Taxi“ von Sylvain Prudhomme – Textwelten 10/25
Die Front zwischen Frauenschenkeln
„Der Sohn und das Schneeflöckchen“ von Vernesa Berbo – Literatur 10/25
Alpinismus im Bilderbuch
„Auf in die Berge!“ von Katja Seifert – Vorlesung 09/25
Keine Angst vor Gewittern
„Donnerfee und Blitzfee“ von Han Kang – Vorlesung 09/25
Roman eines Nachgeborenen
„Buch der Gesichter“ von Marko Dinić – Literatur 09/25
Süß und bitter ist das Erwachsenwerden
„Fliegender Wechsel“ von Barbara Trapido – Textwelten 09/25
Geteilte Sorgen
„Lupo, was bedrückt dich?“ von Catherine Rayner – Vorlesung 08/25
Augen auf Entdeckungsreise
„Jetzt geht’s los!“ von Philip Waechter – Vorlesung 08/25
Erste Male zwischen den Welten
„Amphibium“ von Tyler Wetherall – Literatur 08/25
Düster und sinnlich
„Das hier ist nicht Miami“ von Fernanda Melchor – Textwelten 08/25
Die Kraft der Erinnerung
„Das Geschenk des Elefanten“ von Tanja Wenz – Vorlesung 07/25
Eine wahre Fluchtgeschichte
„Wie ein Foto unser Leben rettete“ von Maya C. Klinger & Isabel Kreitz – Vorlesung 07/25
Zart und kraftvoll zugleich
„Perlen“ von Siân Hughes – Textwelten 07/25
Alternative Realität in Tokyo
„Tokyo Sympathy Tower“ von Rie Qudan – Literatur 07/25
Bis zur Neige
„Der Durst“ von Thomas Dahl – Literatur 06/25
Im Reich der unsichtbaren Freunde
„Solche Freunde“ von Dieter Böge – Vorlesung 06/25
Ein Hund als Erzähler
„Zorro – Anas allerbester Freund“ von Els Pelgrom und Sanne te Loo – Vorlesung 06/25
Flucht ins Metaverse
„Glühfarbe“ von Thea Mantwill – Literatur 06/25
Ein Leben, das um Bücher kreist
„Roberto und Ich“ von Anna Katharina Fröhlich – Textwelten 06/25
Die Spielarten der Lüge
„Die ganze Wahrheit über das Lügen“ von Johannes Vogt & Felicitas Horstschäfer – Vorlesung 05/25
Starkregen im Dorf der Tiere
„Der Tag, an dem der Sturm alles wegfegte“ von Sophie Moronval – Vorlesung 05/25