Nobody Knows
Japan 2004, Laufzeit: 141 Min., FSK 6
Regie: Hirokazu Kore-eda
Darsteller: Yuuya Yagira, Ayu Kitaura, Hiei Kimamura, Momoko Shimizu, Hanae Kan
Kinder - Allein zu Hause
Kinokeule (541), 23.02.2007
Ich fand den Film hinsichtlich seiner Realitätsnähe sehr beeindruckend. Nach einem etwas befremdlichen Beginn sortiert sich alles schnell ein und es beginnt ein trauriges Sozialdrama. Dabei verzichtet der Regisseur auf jegliche Erlösung. Im Gegenteil: Die schleichende Verwahrlosung der Geschwister wird immer schlimmer und endet in dem Unfalltod der Kleinsten.
Sehr schön wird der Ablauf der Zeit dargestellt. Zum Beispiel an den herauswachsenden Nagellack der ältesten Tochter oder den verbleichenden Farbflecken auf dem Dielenboden.
Auch sind die unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Kleinen und deren Charaktere gut erkennbar. Besonders die zurückhaltende Kioko scheint am meistens zu leiden.
Indirekt kann man aus dem Film den Wunsch nach mehr staatlicher Überwachung bei der Kinderaufzucht ableiten. Wenn z.B. die Kinder einmal im Jahr bei einem Arzt vorstellig werden müssten, könnten solche Dramen, wie in ?Nobody Knows? eventuell verhindert werden (4 Sterne)
Ende der Kindheit
juggernaut (162), 16.05.2005
Kore-eda ist ein Sadist. Er lässt eines der vier Kinder, die er dem Publikum zuvor ausdrücklich ans Herz gelegt hat, sterben. Das ist aus dramaturgischen Gründen vielleicht sogar notwendig, um den Film zu einer finalen Zuspitzung und einem ?runden? Schluss zu bringen. Und es ist ebenso brutal wie effektiv in seiner Schockstarre auslösenden Wirkung. Denn man hat früh im Film angefangen, sich um die vier von ihrer Mutter verlassenen Kinder zu sorgen, und hofft, sie mögen sich irgendwie alleine durchschlagen oder jemanden finden, der sich ihrer annimmt.
Anfangs wirkt es ja noch wie ein Urban-Survival-Spiel unter Anleitung des Ältesten, des 12-jährigen Akira. Doch mit zunehmender Geldnot und zunehmender Verwahrlosung der Geschwister und ihrer Wohnung schlägt es um in ein stilles Drama. Das in größtenteils ruhigen, manchmal auch statischen Bildern erzählt wird und, von der einen oder anderen Länge abgesehen, über die volle Distanz von fast zweieinhalb Stunden fesselt. Was nicht zuletzt auch ein Verdienst der famosen Kinderdarsteller/innen ist.
Ein ?cultural gap?-Problem, das sich bei asiatischen Filmen schon einmal einstellen kann, gibt es in ?Nobody knows? jedenfalls nicht. Von Fremdheit oder Abstand zu den hier abgehandelten Themen keine Spur. Wie auch, konnte man doch beispielsweise vor gar nicht allzu langer Zeit in den hiesigen Medien erfahren, dass Polizisten und Feuerwehrleute in einer völlig verwahrlosten Berliner Wohnung die zusammengekauerte, teilweise verweste Leiche eines zweijährigen Jungen gefunden hatten. Dagegen ist der Kindstod, den Kore-Ida hier auf fast beiläufige, nur andeutende Weise ins Bild setzt, schon regelrecht dezent zu nennen. Trotzdem habe ich mich im Kino gefragt: Musste das jetzt sein? ?Nobody knows? ist in seiner Art, Anteilnahme zu wecken, sehr wirkungsvoll. Und Herr Kore-eda ist ein sehr effektiver, um nicht zu sagen meisterlicher Sadist. Oder einfach nur ein ausgesprochen guter Beobachter und Chronist von alltäglichen Dramen, wie sie sich überall abspielen können. Wenn man so will, ein bisschen wie Charles Dickens auf japanisch, nur ohne dessen anklägerischen Furor.
Berührend, einfach, gut
zeytooon (23), 07.04.2005
Fantastischer berührender Film. Auch nach einer Stunde fehlen mir immer noch die Worte.
So einfaches, emotional unmittelbar bewegendes Kino habe ich noch nicht erlebt. Der junge Hauptdarsteller wurde zurecht ausgezeichnet.
Wunderbar die Szenen bei denen er ballwerfend kurzes Glück erfährt.
Nehmt euch die Zeit und geht rein!
Werbeblock
Colonia (683), 29.03.2005
Das Japanische Kulturinstitut in Köln zeigt vom 4. bis 26. April Hirokazu Kore-edas Filme in einer Retrospektive. Das Beste: Eintritt ist frei. Programm unter www.jki.de
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Andrea lässt sich scheiden
Start: 4.4.2024
Morgen ist auch noch ein Tag
Start: 4.4.2024
Ein Glücksfall
Start: 11.4.2024
Irdische Verse
Start: 11.4.2024
La Chimera
Start: 11.4.2024
Evil does not exist
Start: 18.4.2024
Sterben
Start: 25.4.2024
Zwischen uns das Leben
Start: 1.5.2024
Bad Director
Start: 9.5.2024
Furiosa: A Mad Max Saga
Start: 23.5.2024
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
Führer und Verführer
Start: 11.7.2024
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
The Monk And The Gun – Was will der Lama mit dem Gewehr?
Start: 1.8.2024
Das Licht
Start: 17.10.2024
„Versagen ist etwas sehr Schönes“
Regisseur Taika Waititi über „Next Goal Wins“ – Gespräch zum Film 01/24
„Ich muss an das glauben, was ich filme“
Denis Imbert über „Auf dem Weg“ – Gespräch zum Film 12/23
Sieben Spitzenprämien-Gewinner
Kinoprogrammpreis-Verleihung in der Wolkenburg – Foyer 11/23
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
„Zufriedenheit ist eine innere Einstellungssache“
Stefan Gorski über „Ein ganzes Leben“ – Roter Teppich 11/23
„Wir müssen begreifen, wozu wir fähig sind“
NRW-Premiere „Die Mittagsfrau“ im Kölner Cinenova – Foyer 10/23
„Diese Geschichte ist eine Warnung an das Heute“
Mala Emde über „Die Mittagsfrau“ – Roter Teppich 10/23
„Ich fühle mich oft als Außenseiter“
Teo Yoo über „Past Lives – In einem anderen Leben“ – Roter Teppich 08/23