„Ich wurde vor sechzig Jahren als Sohn eines einfachen Hirten geboren“, so erzählte der sardische Trompetenstar Paolo Fresu zu seinem runden Geburtstag im vergangenen Jahr und fuhr fort: „Jazzmusik war von meinem Umfeld etwa so weit entfernt wie die Rückseite des Mondes.“ Immerhin konnte er in einer der zahlreichen Bandas musicales – die Sarden besitzen eine große Volksmusiktradition und eine legendäre Männerchor-Kultur – das Trompetenspiel erlernen. Ein dort residierender Jazzbassist entdeckte Paolos Talent und holte ihn vor vierzig Jahren in seine Band; er legte damit den Grundstein für eine sagenhafte Karriere eines Jazzstars aus Europa.
Und die verdankt er ausschließlich sich selbst. Denn nach seinen Studien auf Sardinien und später in Bologna erhielt er schnell die akademische Weihe mit der Leitungsstelle eines sardischen Jazzseminars – die Möglichkeit, sanft die Füße hochzulegen und zu lehren. Paolo wollte aber lernen: „Auch der Jazz darf nicht nur Geschichten aus der Vergangenheit erzählen, er muss die Gegenwart reflektieren!“ Nach diesem Credo lebt der Trompeter bis heute, umgibt sich gern mit jungen Musikern und artfremden Geräuschen. Einen Teil seiner Geburtstags-Edition widmete er dem Werk von David Bowie. Fresu: „Jazz ist im besten Falle quick-lebendig und ständig auf der Suche; und das mit Leichtigkeit und Lebensmut.“
Als Diebe die Kasse des Festivals „Time in Jazz“, das Fresu seit Jahrzehnten in seiner Geburtsstadt auf Sardinien leitet, mitsamt des massiven Tresors raubten, lud er die Räuber ein, doch ein weiteres Mal das Festival zu besuchen, um „mit etwas mehr Grips im Kopf schöne Kunst, Töne und Gedanken“ abzustauben.
Diese wunderbaren Schätze leiht Paolo Fresu bei den internationalen Größen und bringt seine eigenen Ideen und Eigenheiten zu den Kollegen – jetzt zum Klaviertrio Triosence, mit denen er aktuell auch eine CD-Produktion eingespielt hat. Die Band um den Pianisten Bernhard Schüler, der seine Ausbildung an der Kölner Musikhochschule bei drei sehr heterogenen Professoren bestreiten durfte, hat mit ihrer stilistischen Offenheit und eingängig süffigen Melodik sehr beständig großen Erfolg verbuchen können. Gerade für den Spezialisten Fresu am Flügelhorn, dem Bruder der Trompete, dürften folkloristische Anleihen sehr gut passen.
Triosence trifft auf Paolo Fresu | Mi 29.6. 19.30 Uhr | Friedenskirche Ratingen | www.usb-stiftung.de
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