Das Pablo Held Trio spielt Standards – und das im Jahr 2025. „All the Things You Are“ liegt an, ein unzählige Male eingespieltes Stück von Jerome Kern, das große improvisatorische Freiheiten bietet. Die Version des Trios klingt wie defragmentiert und wieder zusammengeschraubt: Oberflächlich gehört spielen alle drei ihren eigenen Stiefel, aber auf einer Metaebene der Musik treffen sich die drei Einzelstimmen zu einem geschlossenen Chor. Das darf diesem Trio unterstellt werden: Sie sind eine Instanz des modernen Klaviertrios, eine durch engste Freundschaft gebildete Bastion für eine neue Offenheit, für grenzenlose Fantasie. Seit zwanzig Jahren spielen sie ständig zusammen, das kommt nicht oft vor in der Weltszene Jazz. Aber langjähriger Bestand führt stets zu außergewöhnlich dichter und gesetzter Musik, wie bei einem guten Wein: Nichts kann die Reifezeit tatsächlich verkürzen.
Zur Gründung war Pablo selbst knapp zwanzig Jahre alt. Der Pianist aus dem Ruhrgebiet stammt aus einem Musikerhaushalt, mit 18 Jahren zog er nach Köln zum Studium an der Hochschule und traf dort auf einen Ackerbau eher alternativer Lehrer, deren Blick über den Jazz hinaus auch gern interdisziplinär abschweifte. In Köln wurden Handwerk und Geist vermittelt und – besonders wichtig – die Persönlichkeit sensibilisiert, ohne Scheuklappen eigene Wege zu gehen. Das hat bei Pablo und auch seinen Sidemen Robert Landfermann und Jonas Burgwinkel extrem erfolgreich geklappt. Die Szene entwickelte für die sich selbst befreiende Variante den Begriff „Creative Jazz“, eine Fusion aller Formen bis zur Neuzeit – auch auf Basis der aktuell bearbeiteten, besser: hinterfragten Standards.
Beim Trio gilt die Planlosigkeit als Plan, Spontaneität und Eigenbrödelei verbünden sich. Das gefällt vielen berühmten europäischen und amerikanischen Musikern, die sich mit dem Trio auseinandergesetzt haben, darunter Legenden wie John Scofield, Ralph Towner oder Dave Liebman.
In Wuppertal dürfte das Trio zeigen, wie die Zeit Künstler verschweißen kann, an einem Ort, der einst als „Wohnzimmer des Pina Bausch Ensembles“ selbst Geschichte geschrieben hat. Auf der Insel regiert seit drei Jahrzehnten ungebändigter Freiheitssinn der Freien Szene über alle Sparten hinweg – der ideale Spielort für Jazz ohne Schubladendenken.
Pablo Held Trio | Do 24.4. 19.30 Uhr | Insel | 0202 28 19 41 22
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