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Rebekah Rota
Foto: Felix Grünschloss

„Wir haben uns künstlerische Freiheiten genommen“

28. November 2024

Intendantin Rebekah Rota inszeniert „Von Thalia geküsst“ an der Wuppertaler Oper – Premiere 12/24

Im Interview spricht Intendantin Rebekah Rota über „Von Thalia geküsst“ an der Wuppertaler Oper. Darin kommt 1929 die griechische Göttin Thalia einem Wuppertaler Theater zu Hilfe, dass sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet.

engels: Frau Rota, der Abend heißt „Von Thalia geküsst“ – viele denken da an Bücher, aber darum geht es in der Oper in Wuppertal natürlich nicht, oder?

Rebekah Rota: Nein, tatsächlich nicht. Thalia ist eine griechische Göttin des Theaters und der Kunst. Viele kennen wahrscheinlich das Thalia Theater in Hamburg, aber auch in Wuppertal gab es ein Thalia-Theater, das zu der Zeit sehr berühmt war. Es stand dort, wo jetzt der Sparkassenturm ist. 1943 wurde es zerbombt, dann wieder aufgebaut und bis ungefähr 1959 bespielt. Damals sind dort berühmte Leute wie Charlie Parker und Josephine Baker aufgetreten. Aber auch viele Operetten hatten dort ihre Uraufführung. Später wurde es dann zu einem Kino. 

Warum wurden für die „Wupperetten-Revue“ ausgerechnet die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, also die so genannte Silberne Operettenära ausgewählt?

Wir haben uns mit der Geschichte dieser Stadt beschäftigt und wir haben so viele lustige und interessante Persönlichkeiten gefunden, die in Verbindung mit diesem Thalia-Theater gestanden haben, und diese spannende Zeit der Stadtgeschichte hatte für uns in gewisser Weise Parallelitäten zu heute. Wir wollten mit einem Augenzwinkern, einem vollen, aber auch leichten Herz die Vergangenheit deuten, um uns einen besseren Schwung in die Zukunft zu ermöglichen. 

Gibt es dafür eine Rahmenhandlung?

Ja. Das Theater wurde renoviert und dann 1929 wiedereröffnet. Der neue Theaterdirektor Robert Riemer erwies sich als äußert geschickt darin, die anfangs doch recht angespannte finanzielle Lage mit einigen unkonventionellen Maßnahmen zu meistern. Allerdings haben wir uns da ein paar künstlerische Freiheiten genommen: Nicht alle Anekdoten stammen aus seiner Ära, wir haben uns auch einige amüsante Episoden aus früheren Jahren „geliehen“. Zum Beispiel hatte einer seiner Vorgänger einmal nicht genug Geld für neue Kostüme. Daher hat er angewiesen, dass die Sänger Kostüme aus einem anderen Stück tragen sollten – was bei den Hauptdarstellern für Unmut und geradezu aufständlerischen Handlungen führte. In unserer Geschichte kommt die dem Theater namensgebende Muse Thalia zu uns nach Wuppertal, um den Theaterdirektor bei seinen Bestrebungen in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu unterstützen. Diesen, aber auch zeitaktuelle Konflikte hat meine Dramaturgin Laura Knoll zu einer größeren Geschichte ausgebaut. 

Apropos Kostüme – wie wichtig ist das Visuelle bei einer Revue?

Sehr wichtig. Ich sage immer, man hört erstmal durch die Augen und dafür muss man im Theater etwas Opulentes und Schönes sehen. Die Szenerie auf der Bühne sollte für so eine Revue beinahe etwas Übertriebenes haben, und da haben unsere Kostümbildnerinnen Elisabeth von Blumenthal und Petra Leidner wirklich gezaubert. Ich bin hin und weg von diesen Kostümen. 

Viele Stücke aus der Silbernen Operettenära wurden damals zu Schlager- und Gassenhauern. Was denken Sie, verblassen die bei der jungen Generation nicht so langsam?

Das glaube ich überhaupt nicht. Erstens: Qualität bleibt Qualität, ob sie von gestern, heute oder morgen ist. Und zweitens: Ich kenne das von meiner eigenen Tochter, die 19 ist, und da ist immer noch eine Faszination, ein Interesse für die Vergangenheit. Und wir werden die „Wupperetten-Revue“ so fetzig und frisch machen, dass die auch einem modernen Ohr gefallen kann. 

Hat die Operette also jenseits der Silberhaar-Fraktion eine Zukunft?

Ich denke schon! Ich komme aus Amerika, ich kannte Operette nicht. An dem Theater, wo ich angestellt war, wurde ich als Operettendiva eingestuft. Ich glaube, jetzt habe ich es verstanden – ich finde es so eine zauberhafte und wunderschöne Welt. 

Ich zitiere mal aus dem „Vetter aus Dingsda“: „Gar dünn ist mein Wams, gar dick ist mein Fell“. Es gibt zwar heute kaum noch Wandergesellen, aber das sollte doch auch in die heutige Zeit passen.

Absolut. Übrigens war das auch eine meiner Lieblingsoperetten. Ich habe die so gerne gesungen. Und auch diese Operette von Eduard Künneke kommt bei uns vor. 

Viele der Komponisten wurden von den damaligen Verhältnissen in den 1930er Jahren in Deutschland überrollt. Wird das trotz des beschwingten Abends behandelt?

Ja, das ist in unseren Augen ja auch ein Zugang zu unserer heutigen Zeit und das wird auf jeden Fall angedeutet. 

Viele der Songs, die an diesem Abend präsentiert werden, stammen aus der damaligen Zeit und damit auch aus einer Vorkriegsära.

Ja, aus einer Zeit zwischen den Kriegen. Es werden 28 musikalische Nummern in 90 Minuten. 

Gibt es Komponisten, die Ihnen besonders gefallen? Oder: Was ist Ihr musikalisches Highlight des Abends?

Für mich ist Eduard Künneke mein Lieblingskomponist aus dem Sortiment. Das musikalische Highlight wird allerdings sein (singt:) „Mädel, fahr mit mir Schwebebahn, stell Dich nicht so schüchtern an. Weißt Du, von Elberfeld bis Barmen möchte ich Dich gar zu gern umgarnen, und wenn‘s Dir gut gefällt zurück bis Elberfeld.“

Von Thalia geküsst – Eine Wupperetten-Revue | 17.1. (P), 8., 16.2., 1., 15.3., 18.5., 6., 14., 27.6., 13.7. | Oper Wuppertal | 0202 563 76 66

Interview: Peter Ortmann

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