Seit vielen Jahren schon zählt der 1957 in Basel geborene Dani Levy zu den erfolgreichsten Regisseuren im deutschsprachigen Raum. Mit „RobbyKallePaul“ gelang ihm 1989 der Durchbruch, danach folgten Filme wie „Alles auf Zucker!“, „Das Leben ist zu lang“ oder „Die Welt der Wunderlichs“. Mit „Die Känguru-Chroniken“ hat Levy nun die erfolgreichen gleichnamigen Hörspiele und Bücher von Marc-Uwe Kling für die große Leinwand adaptiert. Seine Filmversion startet am 5. März bundesweit in den Kinos.
engels: Herr Levy, „Die Känguru-Chroniken“ hätte man nicht unbedingt als nächsten Dani-Levy-Film erwartet. Was hat Sie dazu gebracht, hier in ein bereits bestehendes Franchise einzusteigen?
Dani Levy: Ehrlich gesagt meine Kinder. (lacht) Die sind Fans, und ich kannte die Geschichten schon seit Jahren durch ihre Hörbuch-CDs aus ihrem Kinderzimmer. Als ich dann die Anfrage von Stefan Arndt erhielt, habe ich mal genauer hingehört und dann schnell erkannt, dass das durchaus Sinn macht. Ich war ja schon lange für die Berliner Subkultur zuständig, und es erschien mir spannend, meinen Kosmos mit dem von Marc-Uwe Kling zusammenzubringen. Tatsächlich war es für mich aber auch ein ungewohnter Schritt, hier in ein fremdes Franchise einzutreten. Das hat, neben viel Spaß, auch einige Kompromisse mit sich gebracht. Ich bin so ein ausgeprägter, expliziter Autorenfilmer, dass ich das nicht gewöhnt war. Eigentlich habe ich bisher immer mein eigenes Universum kreiert, weswegen das für mich eine echte Herausforderung war, aber eben auch eine interessante. Bei Regisseuren ist es weltweit eigentlich normal, dass man für fremde Universen angestellt wird, und Autorenfilmer, die nur das machen, was sie selbst machen wollen, sind eher die Exoten. Deswegen fand ich es nun sehr interessant, mich einmal in der normalen Welt eines Regisseurs zu bewegen.
Konnten Sie trotzdem eigene Ideen einbringen, obwohl hier Marc-Uwe Kling das Drehbuch alleine geschrieben hat?
Kling ist ein echter Gralshüter, er wollte bis aufs letzte Komma Kontrolle über seinen Text haben, aber was die Umsetzung, die Besetzung und die Machart des Films betrifft, da hatte ich relativ freie Hand. Am Anfang habe ich mich schwergetan, weil ich befürchtete, dass mir dieser Autor nun die gesamten Dreharbeiten über auf dem Schoß sitzen wird, weil er so überverantwortlich mit seinem Baby ist. Aber irgendwann erkannte ich, dass er eben auch der Spezialist für diesen Stoff ist. Ich fand es dann sinnvoll und konnte nachvollziehen, dass Kling wollte, dass der Film von seiner Sprache, seinen Gedanken und seinem Empfinden durchdrungen wird.
Klings Humor, der sich nicht um politische Korrektheit schert, und die klare Botschaft des Films gegen rechts passen wiederum auch sehr gut zu Ihren bisherigen Arbeiten. Waren diese Aspekte mit ausschlaggebend für Ihre Zusage zum Projekt?
Ja, da haben wir uns definitiv getroffen. Es war schon sinnvoll, hier einen explizit politischen und explizit linken Filmemacher für den Stoff anzuheuern. Das dürfte mit ausschlaggebend für die Wahl des Regisseurs gewesen sein, denn politisch sollte der Film auf jeden Fall werden. Ich habe genau darin die Schönheit für mich gesehen, denn es gibt in Deutschland oder sogar weltweit nicht viele Franchises, die einen politischen Inhalt in einem kommerziellen Rahmen vermitteln. Diese seltene Chance, die sich mir hier geboten hat, fand ich schon wirklich faszinierend. Denn wir haben einen Film für die ganze Familie gemacht, der aber trotzdem eine explizit politische Haltung einnimmt. Diese Verbindung war für mich ein wichtiges Elixier, den Film mit Begeisterung durchzuziehen. Es gibt zwar viele, toll gemachte Popcornfilme für Kinder, die aber sehr selten politisch sind. Dieses große Plus hat mich an den „Känguru-Chroniken“ sehr gereizt.
Außerdem ist der Film Ihr erster, mit einer CGI-Hauptfigur, was sicherlich ganz eigene Herausforderungen mit sich gebracht hat, oder?
Ja, aber auch nur positive! Ich suche schon immer die Herausforderung, ich mache besonders gern Dinge, die ich nicht kenne. Ich lerne gerne dazu. Als ich gehört hatte, dass ich einen Film machen soll, der dermaßen CGI-lastig ist, und in dem eine der Hauptfiguren komplett im Computer generiert wird, war ich total Feuer und Flamme. Es gibt nur sehr wenige Regisseure, die mit so etwas bislang schon in Berührung gekommen sind. Mir war wichtig, dass die CGI-Figur in einem ganz realistischen Umfeld auftritt, und dass das Ergebnis nicht nach makellosem, perfekten Animationsfilm aussieht. Die Rauheit des Stoffes und der Vorlage und das Besondere der Berliner Subkultur sollten auch in dieser Computeranimation noch erhalten bleiben. Diese beiden Dinge zusammenzubringen, war für mich während des gesamten Prozesses extrem lehrreich und wirklich schön. Ich habe eine ganze Menge Angst verloren vor dieser computergenerierten Welt. Ich bin mit der irrationalen Angst groß geworden, dass Computeranimationen kalt und in ihrer Perfektion zu leblos sind. Meine Filme sind oft improvisiert, mit der Hand gedreht, mit sehr viel Freiraum, und dann auch sehr wild geschnitten. Diese Filmsprache wollte ich nicht verlieren, sondern jetzt mit den Herausforderungen einer computeranimierten Hauptfigur zusammenbringen. Dabei habe ich festgestellt, dass CGI heute sehr beweglich geworden ist und sich diese beiden Welten keineswegs ausschließen. Das ist für mich auch für die Zukunft eine wirklich tolle Erkenntnis.
Die Berliner Subkultur spielt im Film, wie schon erwähnt, ebenfalls eine große Rolle. Wie wichtig ist Ihnen diese persönlich?
Ich kam 1980 aus der gutbürgerlichen Schweiz in das gerade sehr im Aufruhr befindliche Berlin. Die Hausbesetzerszene und die Friedensbewegung haben mich damals sehr geprägt. Das ist ein Stückweit schon meine Herkunft. Ich habe schon damals politisches Kinder- und Jugendtheater gemacht, ich bin danach zur „Roten Grütze“ gekommen, was ein explizit politisches Theater war, auch für Kinder und Jugendliche. Heutzutage lebe ich natürlich ein völlig bürgerliches Kleinfamiliendasein. Ich wohne weder in Kreuzberg, noch bin ich in starken politischen Szenen aktiv, aber ich bin ein politischer Mensch geblieben. Aber auch Marc-Uwe Kling wohnt nicht mehr in Kreuzberg. Wir haben beide eine Affinität zu dieser Szene. Ich finde es auch gut, dass wir hier einen Kontrast zu der schillernden Hochglanzwelt der Boulevardfilme entwerfen können, die ansonsten im deutschen Film sehr beliebt ist.
Besonders amüsant fand ich den toll getimten Gastauftritt von Helge Schneider im Film. Vermutlich war das Ihre Idee?
Ja, ich bin mit Helge seit „Mein Führer“ befreundet. Wir hatten damals eine sehr intensive Zeit mit Höhen und Tiefen zusammen. Er hat zwei Kinder in Berlin, und immer, wenn er in Berlin war, hat er uns in Schöneberg besucht, und wir haben uns sehr oft gesehen. Wir haben auch wieder gemeinsame Filmpläne, die wir aber bislang noch nicht realisiert haben. Nun haben wir verschiedene Ideen für die „Känguru-Chroniken“ zusammen durchgesprochen und kamen schließlich auf diese Frühsport-Szenen, die Helge auch direkt sehr lustig fand. Wir haben das dann aus der Hand mit einer kleinen Fotokamera in einem Fitnessstudio innerhalb von einer Stunde gedreht, was uns beiden sehr viel Spaß gemacht hat.
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