Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
5 6 7 8 9 10 11
12 13 14 15 16 17 18

12.517 Beiträge zu
3.760 Filmen im Forum

Regisseur Lorenzo Fiorino
Foto: Presse

Das Scheitern einer Femme fatale

08. Mai 2023

„Hérodiade“ an der Rheinoper Düsseldorf – Oper in NRW 05/23

Jules Massenet ist in Deutschland vor allem bekannt durch seine Opern „Werther“ und „Manon“ (derzeit am Theater Aachen zu sehen). Seine „Hérodiade“, 1881 in Brüssel uraufgeführt, fristet dagegen ein Schattendasein im Repertoire – vielleicht, weil man glaubt, mit der „Salome“ von Richard Strauss die blutig-laszive Geschichte um Herodes, Herodias, Salome und den Propheten Jochanaan packender abhandeln zu können.

Doch das ist ein Missverständnis und greift zu kurz. In Massenets Oper auf der Basis einer Erzählung von Gustave Flaubert ist tatsächlich die titelgebende Hérodiade die Hauptfigur. Massenet gestaltet sie als eine gefährliche Femme fatale, die passgenau auf die exotischen Männerprojektionen der Zeit zugeschnitten ist. Die aufreizend fremde Atmosphäre des Hofs von Herodes, der politische Kampf zwischen Römern und den Völkern in der römischen Provinz Judäa, die provokante erotische Sinnlichkeit zwischen Salome und dem Propheten, die in eine große Liebesszene mündet: Alles das verbindet Massenet zu einer musikalisch farbigen, großen Oper, die sich deutlich an Giacomo Meyerbeer orientiert und dessen Modell weiterentwickelt.

Hérodiade scheitert, weil sie mit dem Verlust ihrer sexuell begründeten Macht über Herodes auch ihren politischen Einfluss verliert und weil sie ihre Rolle als Mutter von Salome verfehlt: Ihre Tochter ersticht sich am Ende selbst, weil die – jetzt erst erkannte – eigene Mutter schuld ist am Tod ihres Geliebten, des Propheten Jean. Regisseur Lorenzo Fioroni erzählt die Geschichte einer Frau, die am Ende alles verliert: Ihre Macht, um derentwillen sie zur kalten Mutter wurde, und ihre Tochter, deren Liebe sie hätte erlösen können. Am Pult steht mit dem Saarbrücker Generalmusikdirektor Sébastien Rouland ein Dirigent, der mit dem französischen Repertoire und dem vielfältigen musikalischen Vokabular Massenets vertraut ist. Ramona Zaharia verkörpert die faszinierende Rolle der Hérodiade; als ihre Tochter Salomé ist Luiza Fatyol zu erleben. Sébastien Guèze singt den Jean, den – anders als später Strauss seinen Jochanaan – Massenet für einen Tenor geschrieben hat und damit den erotischen Aspekt hervorhebt.

Herodiade | 27.5. (P), 4., 8., 18., 23., 25.6. | Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf | 0211 89 25 211

Werner Häußner

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Spider-Man: Across the Spider-Verse

Lesen Sie dazu auch:

Bestechende Vielfalt
Opern-Spielzeit 23/24 an Rhein und Ruhr – Oper in NRW 06/23

„Es geht nicht darum, etwas zu verstehen“
Wuppertals Opernintendant Berthold Schneider zur dritten Inszenierung von „Three Tales“ – Premiere 06/23

Kampf durch Klang
„Der singende Teufel“ ungekürzt an der Oper Bonn – Oper in NRW 05/23

Eisige Herrschaft
„Bernarda Albas Haus“ am MiR in Gelsenkirchen – Oper in NRW 04/23

Bedrohung aus dem Inneren
Uraufführung von „La bête dans la jungle“ an der Oper Köln – Oper in NRW 04/23

Das Meer spiegelt die Gefühle
„Billy Budd“ am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen – Oper in NRW 03/23

Des Seemanns Apokalypse
„Der fliegende Holländer“ an der Oper Köln – Oper in NRW 03/23

Verblendete Väter
„Luisa Miller“ an der Oper Köln – Oper in NRW 02/23

Auf dem Weg zum Tode
„La Traviata“ an der Oper Wuppertal – Oper in NRW 02/23

In neuem Licht
Das Aalto-Theater zeigt Verdis „Simon Boccanegra“ – Oper in NRW 01/23

An der Quelle der Macht
„Agrippina“ am Theater Bonn – Oper in NRW 01/23

Triumph der Güte
„La Cenerentola“ an der Oper Köln – Oper in NRW 12/22

Oper.

Hier erscheint die Aufforderung!