Dass Prostituierte aufgrund ihrer Tätigkeit ein höheres Risiko für Geschlechtskrankheiten aufweisen als andere, dürfte nicht weiter verwunderlich sein. Die meisten Frauen kommen daher regelmäßig zu Dagmar Wagener von der Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit, um sich testen und beraten zu lassen. Das Arbeitsfeld von Frau Wagener umfasst nicht nur Wuppertal, sondern das gesamte bergische Städte-Dreieck inklusive Solingen und Remscheid. Jedoch ist das Büro im Gesundheitsamt nicht nur eine Anlaufstelle für die sogenannten „Sex-Arbeiterinnen“, sondern ist für jedermann zugänglich. Oft seien es noch nicht mal Frauen aus der Branche, die Hilfe benötigen, wie die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes weiß. Viel häufiger müssten Menschen betreut werden, die aufgrund ihrer Lebensweise eher der Gefahr einer HIV-Erkrankung ausgesetzt seien. Überraschend ist auch, dass nicht nur betroffene Frauen Rat und Hilfe suchen, sondern auch deren Freier zur Beratung kommen. Bei regelmäßigen Hausbesuchen kann die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes ein wenig unbefangener mit ihren Schützlingen sprechen und Infomaterial in verschiedenen Sprachen anbieten. Die Angst vor Krankheiten sei allerdings meistens nicht so groß wie der Schock bei einer tatsächlichen Infektion, so Wagener.
Das klassische Bordell fällt zunehmend weg
Doch wie sehr ist die Zusammenarbeit mit den „Sex-Arbeiterinnen“ in Wuppertal erforderlich? Wie verbreitet sind Bordelle in der Stadt überhaupt? Tatsache ist, dass sich in den vergangenen zehn Jahren viel getan hat. „Die Anzahl der Betriebe ist deutlich zurückgegangen“, sagt Dagmar Wagener. Wuppertal sei längst nicht so stark frequentiert wie etwa das Ruhrgebiet, allen voran Dortmund. Ungefähr vierzig Adressen seien derzeit zu nennen, viele davon am Stadtrand. Ein richtiges „alteingesessenes“ Etablissement habe es bis vor kurzem auf der Friedrich-Ebert-Straße gegeben. Der „älteste Club Wuppertals“ befand sich in einem der schönen alten Bürgerhäuser, welche um die Jahrhundertwende entstanden. Auch das Gebiet rund um die Hofaue sei früher einmal eine regelrechte Hochburg gewesen und darüber hinaus sogar ein Straßenstrich. Heute zeugt lediglich noch das „Eros Center“ in der Wesendonkstraße von den längst vergangenen Zeiten. Ärger mit den Anwohnern gebe es größtenteils nicht, jedenfalls nicht so wie beim „Flatrate-Freudenhaus“ in Vohwinkel vor vier Jahren. Damals beklagten sich Anwohner über Ruhestörungen, Pöbeleien und erhöhten Autoverkehr in ihrer Wohnsiedlung. Dagmar Wagener sieht solche Probleme derzeit nicht in Wuppertal. „Die Frauen laufen ja schließlich nicht halbnackt draußen rum, und die Männer sind meistens sehr darum bemüht, nicht gesehen zu werden.“ Oftmals würden auch in Privatwohnungen Dienste angeboten, so dass das klassische Bordell als Anlaufstelle wegfällt. Auch das Internet hat vieles verändert: Interessierte Männer können sich in „Freier-Foren“ über Adressen in ihrer Nähe austauschen. Alles ist ein wenig diskreter und ruhiger geworden. Richtig schlimme Fälle gibt es so gut wie nicht. „In Wuppertal ist es überschaubar. Es gibt einfach genügend Hilfe und Beratungsstellen“, so das Fazit von Frau Wagener.
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