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OP am offenen Herzen

31. Oktober 2013

Kulturförderung durch Bürger – Magenbitter 11/13

„Yes, my heart belongs to Daddy
So I simply couldn't be bad“ (Marilyn Monroe)

Was soll ich sagen?
Nichts ist so schwierig wie die Gerechtigkeit. Da gibt es immer verschiedene Blickwinkel, da stehen sich Prämissen unversöhnlich gegenüber. Noch problematischer wird es, wenn es um die Verteilung von Steuergeldern geht, deren Verwendung eine Spur des Misstrauens und der Wut hinterlässt. In Bochum haben die Stadtwerke bei der Streuung von Fördergeldern (die ja auch von den Strom- und Wasserkosten der Bürgern stammen) in diesem Jahr neue Wege beschritten. Das Zauberwort heißt Teilhabe, und wie beispielsweise die Teilhabe am Meinungsbildungsprozess in Internetforen gibt es auch hier viele Erwartungen und dumme Beiträge. Da es sich ja nicht um Redehonorare für gerade gescheiterte Kanzlerkandidaten handelte, sind die Geldscheine der Begierde zwar nicht haufenweise in den Ring geworfen worden, waren aber für manch eine arme Kultureinrichtung doch so zahlreich, dass sich lohnte, dafür etwas Würde zu opfern.


Was ist passiert?

Dreieinhalb Wochen hatten die Bochumer Bürgerinnen und Bürger Zeit, ihre Herzen an Projekte aus den Kategorien Sport, Kultur, Bildung und Soziales zu verschenken. Herzen stehen für subjektive Auswahl. Jetzt steht das Ergebnis fest: 23 Bürgerprojekte erhalten Fördergelder der Stadtwerke Bochum. In den vier Kategorien werden insgesamt 350.000 Euro ausgeschüttet. Teilen wir also mal locker (und auch nicht ganz richtig, aber im Ergebnis passend) die Summe durch die Projekte, dann erhalten wir als Durchschnitt immerhin ein halbes Stadtwerke-Steinbrück-Honorar pro Projekt, das der sich in kürzester Zeit für ein bisschen Smalltalk erarbeitete, und wovon er garantiert nicht ein ganzes Jahr leben muss.


Wer werfe den ersten Stein?

44.000 Bürger nutzten ihre Chance, endlich mal über Kultursponsoring mitbestimmen zu dürfen, „Es war richtig, auf diese Weise mehr Demokratie zu wagen“, erklärt Bernd Wilmert, Sprecher der Geschäftsführung bei den Stadtwerken Bochum. Genau. Artikel 20 des Grundgesetzes spricht uns das Recht auf Abstimmungen nämlich überall zu, denn„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Haha. Aber nur unterhalb der Graswurzel. Über richtig wichtige Dinge wie Bankenrettung oder Kriegseinsatz haben wir nichts zu melden. Volksbegehren haben riesige Hürden. Vielleicht ist das auch gut so, wie die Schweiz zeigt. Knapp 80 Prozent der Bürger haben dort in einem Referendum mal eben das neue Schweizer Asylrecht gebilligt. Und das ist beileibe nicht ohne faschistische Tendenzen. Was glauben Sie, wie eine Abstimmung über Asylrecht wohl in Deutschland ausfallen würde?


Ende der Kultur?
Schauen wir uns beispielweise die Ergebnisse der „Bürgerwahl“ in der Kategorie Kultur an. Die ersten drei Plätze belegen: Heimatstube Langendreer (ein privates Stadtteil-Museum mit Fahnen und Uniformen) gefolgt vom Eppendorfer Heimatverein e.V. (das Ganze in Grün im Stadtteil Wattenscheid, und Bronze geht an (halten Sie sich fest) den Kinder-Zirkus Pirella (auch in Wattenscheid). Nach dieser hochinteressanten Abstimmung könnte Bochum alle Theater und Museen schließen, die Stadtwerke das Sponsoring einstellen und lieber mein Strom und Wasser billiger machen. Ich jedenfalls suche ab sofort nach Alternativanbietern.

PETER ORTMANN

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