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Foto: Irma Flesch

Shampoo für die Qual

13. März 2013

Bald müssen wir wieder zum Kreuze kriechen - Magenbitter 04/12

Neulich im Supermarkt. Durch übermäßigen Reinigungswahn war mir das Shampoo ausgegangen, und so irrte ich durch die Gänge mit Tonnagen an Hundefutter und Katzenstreu, vorbei an zehn unterschiedlichen Versionen von Toilettenpapier, immer wieder angefeuert von einer sonoren Stimme aus dem Himmel, die mich auf die Angebote der Woche aufmerksam machte, natürlich nicht auf preiswertes Haarwaschmittel.

Dann hatte ich leicht transpirierend die zehn Meter Regalfront mit Pflegeprodukten erreicht, sah zwischen Angeboten gegen trockene Kopfhaut, fettige Haare, oder für die endgültige Vernichtung von Schuppen noch keine Lösung für meine paar gebliebenen Fussel, als vom Himmel nicht mehr die sonore Stimme säuselte, sondern die aktuellen Nachrichten aus dem Radio verlesen wurden. Schon wieder Wahl in NRW, wieder ein verlorener Sonntag, an dem man zu Hause sein müsste, wenn man nicht den Papierkram-Weg wählt. Mein Blick fällt aufs Shampoo für den echten Mann, der neben kernigen Düften auch noch hervorragende Grauabdeckung wünscht, dummerweise haben wir eine Ministerpräsidentin, die jetzt auch bei der Auswahl nicht behilflich sein könnte. Also Frage an die männliche Ein-Euro-Kraft, die gerade die Lücken in den Regalen füllen muss, er war früher bei Nokia, jetzt sei er bei der Arge. „Nehmen sie doch das hier“. Er zeigt auf ein echtes Billig-Schnäppchen. Das nähmen viele.

Was viele nehmen, muss ja nicht gut sein, denke ich, ist vielleicht einfach nur billig, giftig und wird von kleinen braunen Kinderhänden abgefüllt, und suche erst einmal radiounterstützt weiter. „Rund zwei Monate vor dem Wahltermin liegt die SPD vor der CDU: Beim Politbarometer kommt die CDU zurzeit auf 34 Prozent, die SPD auf 37 Prozent, die Grünen auf 13 Prozent, die FDP nur noch auf zwei Prozent, Linke auf vier Prozent und die Piraten auf sechs Prozent“. Ich grinse, denke an das No Name-Billigschnäppchen und überlege tatsächlich, was ich denn nun wählen würde, wenn morgen Wahl wäre. „Diese Woche im Angebot: griechischer Schafskäse ...“ Vom Himmel gibt’s wieder Dauerbeschuss an Angeboten, von den Parteien gibt es das nicht, mir als Kulturmensch ist die Wahl sowieso ziemlich schnuppe, alle Parteien sind gleichmäßig kulturlos. Genau so schnuppe, wie den Politclowns das nordrhein-westfälische Stimmvieh ist. Wir müssen wählen, weil denen die letzte Wahl nicht in den Kram gepasst hat, oder weil wir einfach nicht richtig gewählt haben. Wenn alle wieder genauso wählten wie 2010, was dann? Wird dann alle drei Monate weitergewählt, bis bei einer Wahlbeteiligung von 10 Prozent nur noch FDP-Wähler was in die Urne werfen? Ich hätte eine Idee: Wenn alle MdLs, die jetzt gewählt waren, im nächsten Landtag nicht mehr vertreten sein dürften ... Na, was glauben Sie – müssten wir dann jetzt wählen? Niemals. Die Angst vor dem Verlust von Alterssicherung (denken wir auch an Duisburg), Einfluss (denken wir an Kraft), Karrierechancen (siehe Röttgen) wäre übermächtig. Langsam steigt mir der Mageninhalt hoch (keine Angst, natürlich nur bildlich), ich greife einfach zu, fahre nach Hause. Glanzshampoo für feines Frauenhaar. Mist. Daneben gegriffen. Wie bei der letzten Landtagswahl.

Peter Ortmann

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