Eine wehrhafte Riege Game-Designerinnen steigt empor. Sie hat Vorbildfunktion für die nächste Generation. Keller Santiago aus den USA zählt ebenso dazu wie die Schwedin Sigurlína Ingvarsdottir oder Rhianna Pratchett aus Großbritannien. Sie wünschen sich eine größere Vielfalt weiblicher Spielcharaktere. Die Tage des virtuellen Fräuleins in Not scheinen gezählt.
Der Ton in der Industrie ist zuweilen rau. Beispielsweise verneinte der französische Hersteller Ubisoft weibliche Charaktere in seinen Spielen, mit der Begründung, sie seien zu schwer zu animieren. Die sogenannten Avatare, hochkomplex und dreidimensional animiert, müssen aber ohnehin nachträglich runtergerechnet werden, damit sie in der Spielversion handhabbar bleiben; auch dann, wenn ihre Maße nicht 90-60-90 lauten. Eine frauenfeindliche Attitüde ist in Teilen der Branche offenbar ebenso verbreitet wie die hypersexualisierte Animation weiblicher Figuren durch andere Hersteller.
Laut der Plattform spieletipps.de wurde von den 12 beliebtesten weiblichen Spielecharakteren hierzulande nur Faith aus dem Spiel „Mirror’s Edge“ von einer Frau entworfen, nämlich von Rhianna Pratchett. Eine aufwendige Figur, die eine totalitäre Regierung infrage stellt. In Konflikten macht sie nicht zwangsweise von der Waffe Gebrauch, sondern nutzt vorrangig ihre akrobatischen Künste. Die anderen Charaktere, zum Beispiel Clementine aus Telltale’s „The Walking Dead“ oder Samus Aran aus „Metroid“ sind gestaltet durch Männerhände. Letzterer muss man allerdings zugute halten, dass sie ohne Action-Chicks-Animation à la Lara Croft daher kommt und das bereits im Erscheinungsjahr 1986. Nicht jeder männliche Designer will den weiblichen Avataren also ans Leder und sie in Hotpants stecken.
Das erklärt aber noch nicht, warum Mädchen Startschwierigkeiten in der Games-Industrie haben. Ein paar der Ursachen können Zuhause liegen; wo Papa oder Bruder die Spielekonsole verstecken. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass Mädchen stärker der Kontrolle beim Medienkonsum unterliegen als Jungs. Diese haben mit der Spielekonsole im eigenen Zimmer einen direkten Zugang, einen echten Heim-Vorteil.
Doch die Damenwelt holt auf. Trotz eines Frauen-Anteils bei den Entwicklern von bloß 12 Prozent in Großbritannien werden Studios inzwischen auch von Frauen geführt, wie etwa Tiniest Sharks. Und sie stärken sich in Verbänden wie World in Games Special Interest Group (WIGSIG) oder Women in Games International (WIGI). Die WIGSIG engagiert sich für Geschlechterausgewogenheit am Arbeitsplatz oder auf dem freien Markt, während die WIGI versucht, Frauen den Start in die Games-Karriere zu erleichtern. So ließe sich die Präsenz von Ladies deutlich fühlbar und sichtbar steigern. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, wann sie gleichauf mit den Jungs agieren.
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema
Aktiv im Thema
whizkidsworkshop.com/projects/tibeb-girls | Auftritt der „Tibeb Girls“, von denen der Cartoon unseres Leitartikels eine Kostprobe gibt.
spielbar.de | Die Bundeszentrale für politische Bildung über Computerspiele. Für Eltern, Pädagogen und Spieler.
computerspielemuseum.de | Europas erstes Computerspielemuseum steht in Berlin und bietet auch etwas zum „Remote-Besuch“.
ratking.de | Deutsches Spiele-Label, das von der Indie-Designerin Jana Reinhardt mitgegründet wurde.
Welten retten: Das ist jetzt Frauensache
Schon den Avatar getauscht? Zukunft jetzt!
Schreiben Sie uns unter meinung@engels-kultur.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Grüße aus und nach Äthiopien
Tibeb Girls: Superheldinnen kämpfen digital und analog
Amazone und Couchkartoffel
Computerspiele können das Leben bereichern. Aber sie sind nicht das Leben
„Vielen Männern nimmt es den Spaß, wenn sie gegen eine Frau verlieren“
Counterstrike-Spielerin Kathleen Letsch über Geschlechterrollen in der Gaming-Szene
Lebensnah, mit kleinen Verbesserungen
Die Wuppertaler Studentin Natalia Kost über Computerspiele aus Frauensicht – Thema 03/18 Spielfrauen
Abrisspläne
Intro – Altmodisch bauen
Unterirdische Energiebilanz
Kleinbäuerliche Strukturen effizienter als Agro-Industrie – Teil 1: Leitartikel
„Man kann Nullkosten entstehen lassen“
Permakultur-Gärtnerin Hannelore Zech über das Konzept der Selbstversorgung – Teil 1: Interview
Solidarisch selbstversorgt
Permakulturhof Vorm Eichholz in Wuppertal – Teil 1: Lokale Initiativen
Prima wohnen
Alternative Rohstoffe in der Baubranche – Teil 2: Leitartikel
„Die Betonindustrie verändert sich“
Felix Jansen (DGNB) über Hindernisse auf dem Weg zu nachhaltigem Bauen – Teil 2: Interview
Auf Sand gebaut
Kölner Architekt Thorsten Burgmer über nachhaltiges Bauen – Teil 2: Lokale Initiativen
Die deutsche Stadt trotzt der Zukunft
Politik schreckt vor nachhaltiger Infrastruktur zurück – Teil 3: Leitartikel
„Einfamilienhäuser müssen wir ablehnen“
Landschaftsarchitektin Simone Linke über Städte im Klimawandel – Teil 3: Interview
Nicht nur Biene Maja
Mülheimer Verein Wilde Biene kämpft für Insektenschutz – Teil 3: Lokale Initiativen
Superblocks, super Stadt?
Weniger Autoverkehr in Barcelona – Europa-Vorbild: Spanien
Machmenschen
Was es braucht für die grüne Stadt – Glosse
Gerechtes neues Jahr
Intro – Armut leicht gemacht
Klassenkampf von oben
Reiche und ihre politischen Vertreter gönnen den Armen nicht das Schwarze unter den Fingernägeln – Teil 1: Leitartikel
„Die Crux liegt in der Lohnstruktur“
Ökonomin Friederike Spiecker über Ursachen und Bekämpfung von Armut – Teil 1: Interview
Für eine Kindheit ohne Armut
Die Diakonie Wuppertal – Teil 1: Lokale Initiativen
Angst und Unwissen
Ökonomische Bildung darf nicht mehr Mangelware sein – Teil 2: Leitartikel
„Eindeutig ein Defizit bei der Demokratiebildung“
GEW-Vorsitzende Maike Finnern über gerechte Schulbildung – Teil 2: Interview
„Um den Armen zu geben, braucht man nicht das Geld der Reichen“
Ökonom Maurice Höfgen über Staatsfinanzierung und Wohlstand – Teil 2: Interview
Wirtschaft für alle
Die Gruppe Gemeinwohl-Ökonomie Köln-Bonn – Teil 2: Lokale Initiativen
Nachrichten als Krise
Medienfrust und der Vertrauensverlust des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – Teil 3: Leitartikel