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Foto: Irma Flesch

Vergessen wir uns doch einfach

13. März 2013

Das Gezerre um die Kulturmittel nimmt bizarre Formen an - Magenbitter 05/12

Was für eine wunderbare Vorstellung. Schon in der Pause wollte ich das Theater verlassen, endlose Gähnattacken, ungläubige Blicke auf die Uhr, eine Inszenierung, die meine Welt nicht braucht. Das ist ärgerlich, das grenzt an Lebenszeitvernichtung, doch am Auto hatte ich die Überflüssigkeit bereits vergessen. War das schon Demenz oder nur der unterbewusste Sicherheitsgedanke? Wäre es nicht schön, wenn man alles, was man auf der Welt an Schlechtigkeit empfindet, gleich wieder vergessen könnte? In meinem engsten Familienkreis habe ich die Auswirkungen dieser Möglichkeit körperlich miterleben können. Anfangs war es noch witzig, wenn alle Gespräche quasi seriell abliefen. Quasi eine Kunstaktion wider Willen. Dann die kuriosen Namensverwechslungen. Doch die bösartige Krankheitskurve stieg schnell steil nach oben. Da war dann Schluss mit lustig. Die Auswirkungen sind verheerend, nicht nur für den Erkrankten, auch für seine Familie, und alle vier Sekunden wird auf der Welt eine neue Alzheimer-Diagnose gestellt. Da rollt eine Welle, die einem Tsunami gleicht.

Dennoch muss ich diesen Verlauf auch auf die kulturellen Belange des Bundeslandes mit dem Bindestrich anwenden. Hier rollt auch die Welle der drohenden Kürzungen, hier versucht jeder, jeden zu überleben, und das mit allen Mitteln. Interessant in diesem Zusammenhang sind zwei Aspekte. Erst einmal ist immer noch Geld übrig von der Kulturhauptstadt-Farce. Ein nettes siebenstelliges Sümmchen wohl, unabhängig von den selbst erschaffenen und überflüssigen Arbeitsplätzen im Umfeld der Bespaßungs-Initiatoren. Was damit passiert, wird die Zukunft zeigen, ich weiß es nicht, wie viele andere auch, die wegen der lustigen NRW-Neuwahl im Mai auf ihre bereits bewilligten Gelder warten, oder nur auf den vielleicht positiven Bescheid, der dann für viele Kulturkämpfer in 2012 definitiv zu spät kommen wird. Vielleicht wäre es das Beste, alle hätten ihre Anträge längst vergessen.

Ganz im Gegenteil dazu schwimmt die aktuelle Ruhrtriennale von Heiner Goebbels wohl im Geld. Sie wird beileibe nicht nur mit Landesmitteln bestritten, nein, für einige der Großprojekte springen private Sponsoren und sogar die Kunststiftung des Landes ein. Doppelt gemoppelt hält eben besser. Was sollen da die Normalsterblichen unter den Kulturschaffenden von halten? Ich empfehle inzwischen demenzielles Vorgehen. Vergessen wir die Vorzüge, die das Rheinland und das Ruhrgebiet prägen. Vergessen wir, dass es eine Zeit vor den großen selbsternannten Event-Managern gab. Vergessen wir Kunst, Musik, Theater und die anderen vielen Sachen, die nur Geld kosten; kulturelle Bildung übernehmen ab jetzt die Privatsender im Fernsehen. Das muss reichen, dumm nur, dass ich schon jetzt irgendwie deren Namen vergessen habe. Allerdings weiß ich auch nicht mehr, worüber ich eigentlich schreiben wollte, über Alzheimer oder über Kultur, oder ist das etwa das gleiche Thema – oder doch nicht? Vielleicht vergessen wir uns doch einfach.

Peter Ortmann

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