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Woher kommt bloß das Misstrauen?
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Armut wählen

30. April 2025

Teil 1: Leitartikel – Zur politischen Kultur Deutschlands

Rund drei Jahre lang haben CDU/CSU dargelegt, was aus ihrer Sicht unter „konstruktiver“ Oppositionsarbeit (Ralph Brinkhaus am 8.12.2021 auf www.cducsu.de) zu verstehen ist: Verantwortungslose Verantwortungsträger danken würdevoll ab („Es war mir eine Ehre“, Andreas Scheuer), die Verbliebenen blockieren aus der Opposition heraus eine Politik, die man selbst für sich vereinnahmt, sobald man wieder regiert. Man hetzt schwache Bürger:innen gegeneinander auf, radikalisiert sich, indem man einer Nazi-Partei nach dem Mund redet und mit ihr irre Abstimmungen durchzieht. Und all das aus purem Machtkalkül. Unbelehrbar, unbeirrbar. Ist es das, was uns heute regiert? Dass Merz mit Trotz- und Trump-Allüren („Am ersten Tag meiner Amtszeit …“) auftritt, ist eher lächerlich als führungsstark. Beliebt jedenfalls macht ihn seine kernige „Oberflächenperformanz“ (Maja Göpel am 16.3.2025 im Podcast „Hotel Matze“) nicht.

Gemeinwohl muss warten 

So wird jetzt ein launischer Unsympathieträger ohne Regierungserfahrung Kanzler. Die ducksende Scholz-SPD indes setzt nach ihrem bisher größten Scheitern auf die bisherige Führungsriege – never change a running system! Heutzutage runnt es ja so oder so, aussitzen geht immer (Klingbeil/Esken). Und selbst als Juniorpartner hat man ja immer noch horrenden Einfluss, das weiß man ja spätestens von der Ampel-FDP. In der französischen Trennungskomödie „Mama gegen Papa“ geht es Vater und Mutter nach der Scheidung nicht etwa darum, die Kinder zu behalten, sondern sie an den bzw. die Ex loszuwerden. Ähnlich verhält es sich nun mit einer SPD, die nach dem Scheitern der Ampel an Scholz festhält statt etwa auf Liebling Pistorius. Als wollte die SPD gezielt verlieren: Bloß raus aus der Hauptverantwortung! 

Kleinste Übel

Am Ende verliert das ganze Land, und die Bürger:innen sind zerrieben. Die Frage nach einer gesunden politischen Kultur mündet derweil darin: Können Politiker besonnene, selbstlose, verantwortungsvolle Fürsorger sein – oder bloß Menschen wie du und ich? Die Regenten unserer Zeit jedenfalls sind zu plump, zu zögerlich oder verschwimmen in Profillosigkeit, sind egoman, unseriös, unehrlich oder unbeliebt und schaffen es damit neben Vollblutpopulist:innen wie Söder, Wagenknecht und Weidel immerhin noch unter die Top Ten in der Beliebtheitsskala (s. ZDF Politbarometer); eine Skala, die wohlgemerkt keine Beliebtheit abbildet, sondern vornehmlich das kleinste Übel versammelt (s. auch Wahlergebnisse).

Zaudern und klammern

Der Pfad der künftigen Regierung: Die Starken polternd stärken, die Schwachen schleichend schwächen und dabei im Hinblick auf die Machterhaltung möglichst keine unpopulären Entscheidungen treffen. Nur verlangt Verantwortung mitunter genau das. Zeitenwende und Klimarettung sind schwerlich durchzusetzen mit zaudernden Linksliberalen und mit Konservativen, die sich ans Gestern klammern. Was wir stattdessen mal bräuchten (nochmal Göpel): Verbindlichkeit und Wirkungsorientierung. Politik mit Lenkungswirkung. Nachhaltigkeit. Verantwortung! Geld wäre ja jetzt da. Geliehenes Geld, für das es keinen Tilgungsplan gibt – außer, dass man auf Wirtschaftswachstum setzt. Mit einem solchen Konzept bekommt man bei der Bank als ambitionierter Selbständiger vermutlich keinen Kredit. Der Staat schon. Und so kann man direkt noch großzügig Supererben und CDU-Sponsor McDonald’s steuerlich umgarnen. Kleiner Hoffnungsschimmer: Konstruktive Regierungsarbeit hat die CDU diesmal gar nicht erst versprochen. Das ist doch zumindest schon mal ehrlich.

Hartmut Ernst

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