„Hier haben wir oft gemeinsam mit Fridays for Future demonstriert.“ Anne Reifferscheid blickt auf den Alter Markt in Köln, in der Hand eine Fahne mit der Aufschrift „Parents for Future“. Während Fridays for Future durch die Schüler:innenproteste 2018 bundesweit bekannt wurde, ist die Bewegung Parents for Future vielen weniger geläufig. Dabei gründeten sich die Ortsgruppen meist nur wenige Monate später mit dem gleichen Ziel: die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens.
„2019 wurde ich Mitglied“, erzählt die Augenoptikerin und Kulturwissenschaftsstudentin. „Während der Schulstreiks wurde mir klar, wie dringend wir handeln müssen. Gleichzeitig hat mich geärgert, wie abfällig teilweise über das Engagement der Jugendlichen gesprochen wurde.“ Zwar sei sie selbst Mutter zweier Kinder, doch beziehe sich „Parents“ (Eltern) allgemein auf die Generation, die ein Verantwortungsbewusstsein der kommenden Generation gegenüber verspürt.
Parents for Future ist eine Graswurzelbewegung mit flachen Hierarchien – organisiert über Gruppenchats und ein wöchentliches Plenum. Etwa hundert aktive Mitglieder zählt die Kölner Gruppe derzeit. „Wir bilden projektbezogene Teams, je nach Kapazität“, erklärt Reifferscheid. Sie selbst kümmere sich unter anderem um Social Media und Blogbeiträge.
Ganz normale Menschen
Die Zusammenarbeit mit Fridays for Future sei eng, berichtet sie. „Wir werden angefragt, Aktionen zu bewerben oder zu unterstützen.“ Zusammenarbeit gebe es auch mit weiteren Kölner Klimagruppen, etwa dem Bündnis Verkehrswende Köln. So sammeln Parents for Future Unterschriften für den Fahrradentscheid, mit dem bessere Radwege gefordert werden, oder sie machen auf die RWE-Tribunale aufmerksam, bei denen Klimagruppen RWE-Verantwortliche vor Gericht bringen. Anfragen von Parteien kämen dagegen seltener.
Besonders wichtig seien persönliche Gespräche mit Bürger:innen, beispielsweise an den Infoständen, an denen Parents for Future vor der Bundestagswahl in wechselnden Kölner Stadtteilen vertreten war. „Wir können Denkanstöße geben und zeigen, dass wir Klimaaktivist:innen ganz normale Menschen sind.“ Die Zahl der Engagierten schwankt: „Nach der Wahl gab es wieder mehr Anfragen über unsere Webseite.“
Wie ein Muskel
Doch wie fühlt sich der Aktivismus an, angesichts der Abkehr vom Klimaschutz großer Nationen wie den USA und angesichts dessen, dass Klimaschutz in Deutschland nur noch eine in letzter Minute zugefügte Randnotiz bei den Koalitionsverhandlungen zu sein scheint? „Man könnte den Kopf in den Sand stecken. Aber wenn man schon länger aktiv ist, kann es auch motivierend wirken. Es ist wie ein Muskel, den man trainiert – im Sinne von jetzt erst recht“, sagt Reifferscheid. „Aber es werden für die Klimabewegung vier arbeitsreiche Jahre werden.“
Gemäß dem Pariser Klimabkommen, das durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gestützt wird, müsse eigentlich jede politische Entscheidung unter dem Aspekt Klimaneutralität ausgerichtet sein – wirtschaftliches Denken und Machterhalt stünden dem jedoch meist im Weg, so Reifferscheid. Selbst eine so große Katastrophe wie die Flut im Ahrtal habe keinen großen politischen Schub gegeben. „Ich kann nur jedem, den das Thema Klima und Zukunft bewegt, empfehlen, sich zu engagieren – es tut gut zu wissen, dass man nicht allein ist mit seinen Sorgen.“
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Teil 2: Lokale Initiativen – Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ im NS-Dok
Erinnern im ehemaligen Arbeitslager
Teil 3: Lokale Initiativen – Die Initiative Gedenkort Bochum-Bergen
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