Nun soll es ein Mediator richten. Peter Landmann hat offenbar die schwierige Aufgabe übernommen, den erbitterten Streit um den 2018 endenden Intendantenvertrag von Romy Schmidt am Prinz Regent Theater (PRT) in Bochum zu schlichten. Als früherer Ministerialdirigent im Kulturministerium in Düsseldorf muss man ihm die Verhältnisse vor Ort nicht lange erklären. Da dürfte in der völlig verfahrenen Causa hilfreich sein. Zur Erinnerung: Am 31. August hatte Intendantin Romy Schmidt bei der Spielzeit-Pressekonferenz berichtet, dass ihr Vertrag vom Vorstand des Theatervereins Prinz Regent e.V. nicht verlängert worden sei. Schmidt sprach von Gründen, die „nicht nachvollziehbar“ seien. Der Vereinsvorstand behauptete später, dass das Vertrauensverhältnis zur Theaterleitung „irreparabel gestört“ sei. Am PRT schienen sich Leitungs- und Aufsichtsorgane bis zur Unbeweglichkeit verkantet zu haben.
Pikant ist allerdings, dass der Vereinsvorstand von Susanne Muthig-Beilmann und Sibylle Broll-Pape gebildet wird. Letztere hat als Schmidts Vorgängerin das PRT nicht nur mitgegründet, sondern auch von 1995-2015 geleitet. Seit 2015 ist sie Intendantin des E.T.A. Hoffmann Theaters in Bamberg, kann aber offenbar ihr selbsterklärtes „drittes Baby“ PRT nicht in die Selbständigkeit entlassen. Und auch wenn sie ginge, soll immer noch Sohn Max Pape Mitglied im Verein sein. „Das Wort ‚Familienbande‘ hat einen Beigeschmack von Wahrheit“, schrieb schon Karl Kraus.
Mit dem Geplänkel Ende August war aber die Schlacht erst eröffnet. In Stellungnahmen gegenüber regionalen Medien wurde um die Deutungshoheit in Sachen Nichtverlängerung gerungen. Romy Schmidt sprach von Nichtverlängerung und „unkonkreten“ Verlängerungsangeboten, die ihr „sehr viel Wohlwollen“ abverlangt hätten. Muthig-Beilmann und Sibylle Broll-Pape konterten mit dem zerrütteten Vertrauensverhältnis und einem angeblichen Vertragsangebot, auf das Schmidt nicht reagiert habe. Inzwischen hat der Fall so ziemlich jeden Bochumer Kulturfunktionär zu einem Statement bewogen – in der Regel pro Romy Schmidt.
Privattheater, die ohne öffentlichen Tropf nicht überlebensfähig wären, sich aber als Vereine öffentlicher Kontrolle weitgehend entziehen, sind kultur- und ordnungspolitisch eine Katastrophe. Das PRT bekommt 233 000 Euro von der Stadt Bochum und 100 000 Euro vom Land NRW. Trotzdem bleiben beide bei der Wahl von Intendanz und Geschäftsführung außen vor. Erst jetzt wurden Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von Landesfördermitteln in Sibylle Broll-Papes Intendanzjahren bekannt, die derzeit vom Landesrechnungshof in Düsseldorf geprüft werden. Viel zu spät. Solange die Prüfung läuft, gibt es keine neuen Mittel. Romy Schmidt hat nicht nur die Folgen auszubaden, sie musste als Geschäftsführerin offenbar alte Unterlagen nach Düsseldorf übermitteln, worin ein weiterer Grund für das interne Zerwürfnis liegen soll. Den Trägerverein umweht ein sehr fauliger Geruch und die Stadt Bochum täte gut daran, ihre Interessen weit nachdrücklicher als bisher deutlich zu machen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Die Schaubühne als weibliche Anstalt
Theaterfrauen in und aus NRW ausgezeichnet – Theater in NRW 12/19
Mülheim war schon immer schneller
Roberto Ciulli bekommt den Theaterpreis Faust – Theater in NRW 11/19
Die eine kommt, die andere geht
In Neuss und Bochum wechseln die Intendantinnen – Theater in NRW 04/18
Befristung der Ewigkeit
Der Kölner Intendant Stefan Bachmann verkürzt seinen Vertrag – Theater in NRW 01/18
Eine ausgewiesene Kulturfunktionärin
Isabel Pfeiffer-Poensgen ist neue NRW-Kultusministerin – Theater in NRW 08/17
Der Mann der Rekorde
Frank Hoffmann verlässt 2018 die Ruhrfestspiele – Theater in NRW 04/17
Friendly Fire
Düsseldorf kauft Rechte am Schauspielhaus – Theater in NRW 03/17
Wir Kultur-Protestanten
Warum die Schließung von „Freizeiteinrichtungen“ unchristlich ist – Theater in NRW 12/20
Palastrevolution
Lisa Jopt will Präsidentin der Genossenschaft GDBA werden – Theater in NRW 11/20
Berufsziel: Prekarisierung
Kulturrat stellt Studie zum Arbeitsmarkt Kultur vor – Theater in NRW 08/20
Tanzen mit Plexiglashelm
Land NRW beschließt bindende Regeln für den Theaterbetrieb – Theater in NRW 06/20
„Enorme Einbußen“
Theater in Zeiten des Corona-Virus – Theater in NRW 04/20
Lapidares Spiel
Theaterpreis Berlin 2020 – Theater in NRW 02/20
Die Macht, ihr Preis und die Tradition
Düsseldorfer Schauspielhaus feiert 50-jähriges Bestehen – Theater in NRW 01/20
Verschleierungstaktik
Realistische Kosten der Kölner Bühnen-Sanierung – Theater in NRW 10/19
Ja, mach nur einen Plan…
In Köln wurde die Initiative Freies Theater gegründet – Theater in NRW 09/19
Vertrauen in die Literatur
Barbara Frey leitet ab 2021 die Ruhrtriennale – Theater in NRW 08/19
Alte Besen kehren besser
Kölns Schauspielchef Stefan Bachmann bleibt bis 2023 – Theater in NRW 07/19
Divers und vielschichtig
Julia Wissert wird Intendantin in Dortmund – Theater in NRW 06/19
Die Brandschutz-Lobby
Eine Sprinkleranlage flutet das Duisburger Theater – Theater in NRW 05/19
Die Transparenz der Communities
Offener Brief zur Kölner Intendanzsuche – Theater in NRW 04/19
Berufungs-Farce
Kölns Versuch, einen Schauspiel-Intendanten zu berufen – Theater in NRW 03/19
Ehrgeizig und zielorientiert
Kay Voges verlässt Dortmund – und bleibt doch – Theater in NRW 02/19