Cloud Atlas
USA, D 2011, Laufzeit: 164 Min., FSK 12
Regie: Lana Wachowski, Andy Wachowski, Tom Tykwer
Darsteller: Tom Hanks, Halle Berry, Jim Broadbent, Hugo Weaving, Jim Sturgess, Doona Bae, Ben Whishaw, James D'Arcy, Zhou Xun
>> www.cloudatlas-derfilm.de
Leinwandsprengendes Epos
Für die Sache
„Cloud Atlas“ von Tom Tykwer und Lana & Andy Wachowski
Tom Tykwer („Lola rennt“, „Das Parfum“, „Drei“) und Lana & Andy Wachowski („Matrix“): drei Filmemacher, die sich dem Mainstream eigenwillig, poetisch und philosophisch nähern, die im Kino Akzente gesetzt haben und die keine Angst haben vor Größe. Der Roman „Cloud Atlas“ von David Mitchell ist groß. Ein epischer, stilsprengender Episodenroman, der knapp 1000 Jahre umspannt und sechs Schicksale. Gute 160 Minuten gestatten sich die Regisseure, um eine Geschichte zu erzählen über Menschen, die irgendwann zwischen 1849 und 2346 vom Schicksal herausgefordert werden; die sich mutig gegen die Sklaverei stellen, die ihr musisches Talent verteidigen, die als Journalisten Umweltskandale aufdecken. Andere kämpfen in der Zukunft gegen Unterdrückung oder nach der Apokalypse für Freiheit. Ein jeder begehrt auf seine Weise gegen Macht und Missgunst auf, gegen die Ordnung und vermeintliche Alternativlosigkeit. Tykwer und die Wachowskis inszenieren einen Film über Revolutionäre, Querdenker, Märtyrer, über wechselnde Gesellschaftssysteme und die Menschen darin, die Grenzen und Konventionen überwinden. Kein Wunder, dass Lana Wachowski, ehemals Larry, eine Pressekonferenz zu diesem Film nutzte, um sich öffentlich zur Transsexualität zu bekennen.
Im Film kämpft der eine bereits für seine Sache, der andere muss erst noch geläutert werden. Doch am Ende träumen sie alle von einer neuen Welt.
Tom Hanks, Halle Berry, Hugo Weaving, Jim Sturgess, Ben Whishaw und weitere Prominenz verkörpern in diesem Epos bis zu sechs Charaktere, durchwandern gemeinsam in wechselnden Konstellationen die Jahrhunderte und Kontinente, lieben und kämpfen mal mit- und mal gegeneinander. Diese Umsetzung macht aus der Adaption zugleich ein interessantes filmisches Experiment. In unterschiedlichsten Masken und Identitäten durchlaufen Hanks & Co. Raum und Zeit. Und das gelingt gut und endet glücklicherweise nicht in purer Darsteller-Raterei, die der Fiktion ja schnell die Illusion rauben könnte. Nein, dazu ist die Geschichte, die anfangs noch den Zusammenhang vermissen lässt, zu stark. Spätestens nach dem ersten Drittel des Films greift sie und zieht sich spannend bis zum Ende durch. Die drei Regisseure bewegen sich verschachtelt und weitestgehend souverän durch die Epochen, betten Vergangenes klassisch und rahmen Zukünftiges phantasievoll, schrill und bunt, um das Ende der Zivilisation wieder archaisch zu kleiden. Mitunter mag es irritieren, wenn der Film kurzzeitig aus seinen Genregrenzen heraustritt und man sich plötzlich in einer Slapstick-Komödie oder einer Szene aus einer Daily Soap wiederfindet. Darüber hinaus sind die Verkettungen der Protagonisten nicht immer nachvollziehbar. Doch dies sind nur kurze Aussetzer in einem ansonsten stilsicher inszenierten Ganzen, das durchaus einen zweiten Blick wert ist, durch den man mehr entdecken darf.
Ein aufregendes cineastisches Erlebnis, eine beseelte Adaption, ein überfälliges Comeback der wankelmütigen Wachowski-Geschwister („Matrix 2 + 3“, „Speed Racer“) und eine weitere Bestätigung für Tom Tykwer als deutscher Filmemacher von internationalem Rang.
(Hartmut Ernst)
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