Die Witwe Clicquot
Frankreich, USA 2024, Laufzeit: 90 Min., FSK 12
Regie: Thomas Napper
Darsteller: Haley Bennett, Ben Miles, Leo Suter
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Erdiges und sensibles Porträt einer Unternehmerin
Naturverbunden und Antihierarchisch
„Die Witwe Clicquot“ von Thomas Napper
Bevor der französische Regisseur Thomas Napper in den vergangenen Jahren vor allem Fernsehserien realisierte, hat er 2017 bei dem Drama „Jawbone“ über einen abgestürzten Boxprofi Regie geführt. Das könnte inhaltlich und stilistisch kaum weiter entfernt sein von seinem neuen Kinofilm „Die Witwe Clicquot“. Wo in jenem der Boxring mit all seiner körperlichen Gewalt im Zentrum steht, sind es hier die ruhig in der Landschaft der Champagne liegenden Weinberge zur Zeit Napoleons. Da zeigt sich eher, dass er auch schon als Second Unit Director für Filme wie „Stolz und Vorurteil“ und „Abbitte“ von Joe Wright tätig war.
Sonnendurchflutete Bilder von Erde und Weinpflanzen sind der Hintergrund für das perfekte Glück. Im Jahr 1798 wird die zwanzigjährige, aus wohlhabender Familie stammende Barbe-Nicole Ponsardin – ihr Vater ist Textilfabrikant und Politiker – mit François Clicquot, dem Sohn von Phillipe Clicquot, der 26 Jahre zuvor ein Champagnerhaus gegründet hatte, verheiratet. Es ist eine ganz besondere Liebe. Denn François ist ein sehr zartfühlender, sensibler Mensch, der sehr liebevoll zu seiner Gattin ist. Schon ein Jahr nach der Hochzeit kommt ihr erstes und einziges Kind Clémentine zur Welt. Doch das junge Familienglück wird bald getrübt: Die Sensibilität von François Clicquot, der sich gerne zwischen die Weinstöcke legt und an der Erde riecht, steigert sich in den kommenden Jahren zu einer Exzentrik, bei der er auch mal für die Weinpflanzen singt, damit sie gut gedeihen. Zugleich überwacht er manisch die Entwicklung der Cuvées. Den Ertrag steigert das alles indes nicht. Wutausbrüche und Zusammenbrüche mehren sich, bis der junge François Clicquot im Jahr 1805 schließlich den Freitod wählt. Seine 27-jährige Witwe übernimmt die Firma gegen den Willen des Schwiegervaters und der Konkurrenz, die das Haus gerne aufkaufen möchte.
All das erzählt Thomas Nappers Spielfilm nicht linear, sondern im ständigen Wechsel der Gegenwart, in der François bereits tot ist, und der Vergangenheit, in der zunächst das große Glück der jungen Liebe und die Innovationslust bei der Champagner-Herstellung vorherrschen, dann aber zunehmend der Realitätsverlust von François und seine manischen – zerstörerischen wie selbstzerstörerischen – Züge. Die Übergänge zwischen den Zeitebenen sind raffiniert ineinander verwoben und gleitend. So erleben wir auch die Emanzipation der jungen Barbe in einer Männerwelt, in der weibliche Unternehmerinnen nicht vorgesehen sind, immer im Wechsel mit ihrer Vergangenheit. Als Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin – so ihr Name seit der Hochzeit – das Champagnerhaus übernimmt, werden jährlich Flaschen im unteren sechsstelligen Bereich vertrieben. Mit Hilfe der Ideen ihres verstorbenen Mannes und der logistischen Hilfe des Weinhändlers und Freundes ihres Mannes, Louis Bohne, nimmt sie die neuen Herausforderungen an. Bei ihrem Tod 1866 hatte sie den Umsatz des Unternehmens mehr als versiebenfacht. Thomas Nappers erzählt die frühe Geschichte der Firma Veuve Clicquot (zu deutsch: Witwe Clicquot) als feministische Erfolgsgeschichte, in der sich eine sensible, antihierarchische Führung mit Raffinesse gegen die männlich dominierte, toxische Umgebung durchsetzt.
(Christian Meyer-Pröpstl)
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