Drei Türrahmen, die ineinander übergehen und den Eindruck von ineinander geschachtelten Räumen erzeugen: Das erste Bild in Lynne Ramsays neuem Film „Die My Love“ gibt einen Vorgeschmack auf das, was einen in den folgenden zwei Stunden erwartet. Es schafft die Illusion von Zwischenräumen, die neben dem vermeintlich Offensichtlichen existieren, und wirft die Frage auf: Durch welchen Rahmen wollen wir das Geschehen betrachten? Aus diesem Blickpunkt lernen wir im Schnelldurchlauf Grace (Jennifer Lawrence) und Jackson (Robert Pattinson) kennen. Wir sehen, wie die beiden ihr neues Haus im ländlichen Montana zum ersten Mal betreten, wie sie von Raum zu Raum gehen, aus dem Bild verschwinden und wieder auftauchen. Als die Kamera endlich ihre statische Position verlässt und auf die beiden zukommt, folgt die fieberhaft geschnittene Montage einer wilden Sexszene, von der wir direkt zu Graces Schwangerschaft springen – und von dort zu ihrem bereits sechs Monate alten Baby. Jackson lungert im Bademantel auf der Veranda und trinkt Bier, Grace pirscht auf allen Vieren durch das Gras, mit einem Messer in der Hand. Spätestens da wird klar, dass etwas nicht stimmt mit dem jungen Paar – und vor allem mit Grace. Ist das noch eine postnatale Depression, schon eine Psychose – oder schlicht der gewaltige Druck, der auf ihr lastet? Ramsay zeigt, wie absurd die gängige soziale Norm erscheint, nach einem solch einschneidenden Erlebnis wie einer Geburt direkt in einen Funktionsmodus zurückzukehren. Es ist eben dieser Rahmen abseits der Norm, durch den uns Ramsay an Graces Erfahrung der Mutterschaft teilhaben lässt. Der Film verwendet eine Bildsprache, die ebenso verstörend wie betörend ist und dank des fieberhaften, sprunghaften Schnitts Graces psychischen Zustand widerspiegelt. Dazu zeigt Jennifer Lawrences Porträt der sich gekehrten und entgrenzten, müden und brachialen Grace einmal mehr, warum sie eine der erfolgreichsten Schauspielerinnen ihrer Generation ist. Auch Robert Pattinson vermittelt die Verzweiflung als überforderter Partner so eindrücklich, dass es wehtut. Ein furioses Thriller-Drama.
Single Charlotte hat kurz vor Weihnachten Geburtstag und bekommt von ihren KollegInnen einen männlichen Stripper geschenkt. Ihre Schwester Julie ist genervt von der Faszination ihrer zwölfjährigen Tochter für Popstar Océane. Diese wird von ihrem neuen Freund zu dessen Tante, einer Holocaust-Überlebenden, eingeladen und überrascht sie mit einem selbst komponierten Song. Ganz in der Tradition des Weihnachtsfilmklassikers „Tatsächlich... Liebe“ werden auch in dem Ensemblefilm „Das perfekte Geschenk“ verschiedene Handlungsstränge nach und nach miteinander verwoben. Die Regisseur:innen schlagen dabei eine launig-freche Tonart an, die auch vor Schoa-Spot nicht Halt macht. Wer damit kein Problem hat, wird mit viel Tempo kurzweilig und doch auch charmant unterhalten.
Außerdem neu in den Kinos in und um Wuppertal: das Fantasy-Drama „Das Leben der Wünsche“ von Erik Schmitt, das Thriller-Sequel „Die Unfassbaren 3: Now You See Me“ von Ruben Fleischer, der clevere Horror-Thriller „Him – Der Größte aller Zeiten“ von Justin Tipping und die Stephen-King-Neuverfilmung „The Running Man“ von Edgar Wright.

Fatima und die Liebe
Die Filmstarts der Woche
„Der Bildautor ist mit in die Gemeinschaft gerückt“
Kuratorin Linda Conze über „Community“ im Düsseldorfer Museum Kunstpalast – Sammlung 01/26
Aus der Perspektive
Ingrid Wiener im Marta Herford – Kunst in NRW 01/26
Bewusst blind vor Liebe
„Mama & Sam“ von Sarah Kuttner – Literatur 01/26
Noch einmal schlafen
Teil 1: Leitartikel – Ab wann ist man Entscheider:in?
Spiel mit der Psyche
Hofesh Shechter gastierte mit seiner Tanzkompanie in Köln – Tanz in NRW 01/26
Internationales Silvesterfest
Künstler von drei Kontinenten begegnen sich in Köln – Klassik am Rhein 12/25
„Dieser Großkotz hat uns angesprochen“
Regisseurin Charlotte Arndt über „Peer Gynt“ am Theater am Engelsgarten – Premiere 12/25
Vom Ausstellen
Hans-Peter Feldmann im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 12/25
Der Kitt einer Gesellschaft
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Landesverband des Paritätischen in Wuppertal
„Matratzen, Kinderspielzeug und aufblasbare Formen“
Kuratorin Beate Eickhoff über die Ausstellung von Jaana Caspary im Von der Heydt-Museum – Sammlung 12/25
Armutszeugnis im Reichtum …
… und alternative Fakten im Wirtschaftssystem – Glosse
Rieselnde Kieselsteine
Benjamin Schaefer mit seinem Quartett im Opernhaus – Musik 12/25
„Die gesetzliche Rente wird von interessierter Seite schlechtgeredet“
Teil 1: Interview – VdK-Präsidentin Verena Bentele über eine Stärkung des Rentensystems
Orgeltrio mit frischem Sound
„Deadeye“ im Kölner Stadtgarten – Improvisierte Musik in NRW 12/25
„Stromberg hat Relevanz für die heutige Zeit“
Ralf Husmann über „Stromberg – Wieder alles wie immer“ – Gespräch zum Film 12/25
Bach mit E-Gitarre
Das Ensemble Resonanz in Köln und Dortmund – Klassik an der Ruhr 12/25
Der Staat will zuhören
Wandel im niederländischen Sozialsystem – Europa-Vorbild: Niederlande
Figaro mit Schalk im Nacken
Premiere von „Il Barbiere de Seviglia” im Opernhaus Wuppertal – Bühne 12/25
Jenseits des Schönheitsdiktats
„Verehrung“ von Alice Urciuolo – Textwelten 12/25
Praktisch plötzlich doof sein
Helge Schneider präsentiert seine neue Tour – Prolog 12/25
Nicht die Mehrheit entscheidet
„Acht Jahreszeiten“ von Kathrine Nedrejord – Literatur 12/25
Liebe überwindet den Tod
„Orpheus und Eurydike“ am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 12/25
Tanz schärft die Sinne
IP Tanz feiert 30. Geburtstag – Tanz in NRW 12/25
Die Mär vom Kostenhammer
Teil 1: Leitartikel – Das Rentensystem wackelt, weil sich ganze Gruppen der solidarischen Vorsorge entziehen